Prozess:Ehemaliger Bamberger Chefarzt wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt

Missbrauchskandal am Bamberger Klinikum

Der Haupteingang des Klinikums Bamberg

(Foto: dpa)
  • Ein ehemaliger Chefarzt muss sich wegen Missbrauchs, Körperverletzung und Vergewaltigung in 13 Fällen vor dem Landgericht Bamberg verantworten.
  • Dem Mann wird vorgeworfen, junge Frauen mithilfe von Medikamenten willenlos gemacht und sie sexuell missbraucht haben.
  • Der Arzt will das Gericht, so hört man, hingegen von den wissenschaftlichen Hintergründen seiner Untersuchungen überzeugen.

Von Annette Ramelsberger, Bamberg

Der Arzt lässt über seinen Anwalt erklären, er habe nur seine Arbeit getan. Sex habe ihn nicht interessiert. Und dass er von den Geschlechtsorganen seiner jungen Patientinnen Fotos angefertigt habe, sei im Sinne der Wissenschaft geschehen. So geht der langjährige Chefarzt des Bamberger Klinikums Heinz W. in den Prozess, der heute gegen ihn eröffnet wird. Wegen Missbrauchs, Körperverletzung und Vergewaltigung von zehn Patientinnen, zwei Mitarbeiterinnen und einem Mädchen aus seinem Privatleben.

Es ist ausgerechnet dieser letzte Vorwurf, der die Verteidigungsstrategie ad absurdum führt. Heinz W. hatte, das kam bei den Ermittlungen heraus, die Patentochter seiner Frau zu deren 18. Geburtstag in ein Musical nach Bochum eingeladen, sie mit Alkohol abgefüllt und die willenlose Frau dann im Hotelzimmer entkleidet und mit einer Videokamera gefilmt. Zu ihrem 19. Geburtstag schenkte er ihr eine Kiste mit Dildos.

Was dem langjährigen Chefarzt vorgeworfen wird

Es ist der harmloseste der 13 Fälle, wegen derer der Mediziner vor Gericht steht, aber mit Wissenschaft hat auch er nichts zu tun. Allerdings zeigt der Fall der Patentochter ein Muster auf, das auch beim mutmaßlichen Missbrauch der anderen Frauen zu sehen ist. Die Anklage wirft Heinz W., 49, Familienvater, bis zu seiner Verhaftung angesehener und bundesweit bekannter Venenspezialist, vor, junge Frauen mit einem Medikament willenlos gemacht zu haben und sie dann nicht, wie er selbst sagt, für wissenschaftliche, sondern nur für seine sexuellen Zwecke benutzt zu haben. Die Frauen bekamen nichts mit, das Medikament raubte ihnen die Erinnerung. Erst als sich eine Medizinstudentin nach so einer angeblichen Untersuchung Blut abnehmen ließ und erkannte, dass sie das Hypnotikum Midazolam im Blut hatte - und nicht etwa ein Kontrastmittel für die Untersuchung -, kamen die Ermittlungen ins Rollen.

Bei dem Angeklagten wurden Tausende von Fotos und Videosequenzen gefunden - angeblich für wissenschaftliche Zwecke. Doch die Studien, von denen der Arzt den Frauen berichtet hatte, gab es nicht. Und er hatte auch nur sehr junge, sehr schlanke Frauen ausgesucht. Dabei gibt es die von ihm angesprochenen Venenleiden auch bei dicken Frauen - und bei Männern.

Der Arzt will das Gericht, so hört man, persönlich von den wissenschaftlichen Hintergründen seiner Untersuchungen überzeugen.

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