Dieses Gespräch, bemerkt Petr Bystron gleich zu Beginn in freundlichem Ton, hat er eigentlich nicht nötig. Seine Meinungen bekomme er auch so unter die Leute. Bystron ist Landesvorsitzender der AfD, jener Phantompartei der bayerischen Politik, die neuerdings auf acht Prozent kommt. Er hat schon für rechte Zeitungen und Blogs geschrieben, als es die Alternative für Deutschland noch nicht gab.
Der 43-jährige Münchner mit den raspelkurzen Haaren weiß, wie er seine Zielgruppe bedient: den rechten Rand. An seinem Aufstieg von Listenplatz 17 bei der Bundestagswahl 2013 zum Landeschef lässt sich festmachen, wie sich auch die bayerische AfD verändert hat, seit Bernd Lucke die Partei im Juli 2015 verlassen hat. Die Rhetorik ist schärfer geworden, der Applaus in den sozialen Netzwerken dafür lauter.
Und die Umfrage-Ergebnisse werden laufend besser. Dabei liegt ein chaotisches Jahr mit Hunderten Parteiaustritten und -eintritten hinter dem Landesverband. Ihre neue Stärke bezieht die AfD aus der Polarisierung Bayerns in der Flüchtlingsfrage. "Würden sie gar nichts machen, wären sie auch bei acht Prozent", sagt der ehemalige Landesvorsitzende, der Münchner Stadtrat André Wächter. Er ist froh, dass er raus ist aus der AfD.
Es gibt wieder eine Partei rechts von der CSU
Dass sich nach der kurzen Hochphase der Republikaner Ende der Achtzigerjahre wieder eine nationalkonservative Partei formiert, bereitet vor allem den Christsozialen Sorgen. Seit den Zeiten von Strauß gilt für sie der Grundsatz: Rechts von der CSU endet das politische Spektrum. Das ist jetzt anders.
Während Seehofer mit Kanzlerin Angela Merkel um einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik ringt, inszeniert sich die AfD als Hüterin von Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit - und schürt zugleich Ressentiments gegen Flüchtlinge. Als Peter Dreier, Landrat der Freien Wähler, Flüchtlinge im Bus nach Berlin karrte, stilisierte die AfD ihn kurzerhand zum "Luther von Landshut". Der Landesverband hatte vorher Wegweiser mit der zynischen Aufschrift "Refugees Welcome" an der Grenze bei Passau aufgehängt, um Flüchtlinge direkt zum Bundeskanzleramt weiterzuleiten.
Bystron beherrscht den Spagat zwischen seriösem Auftreten und Populismus. Auf Parteiversammlungen fordert Bystron einen Freiwilligen-Fonds zur Flüchtlingshilfe und eine Befreiung von Familien von der Einkommenssteuer während einer Erziehungszeit. Das klingt scheinbar unverdächtig. Doch im Kern ist seine Agenda ein Angriff gegen eine seiner Meinung nach linke Politik aus Willkommenskultur, Umverteilung und Gender-Mainstreaming.
Bystron arbeitet sich am "System Merkel" ab
Dass über seine Partei vornehmlich kritisch berichtet wird, ärgert Bystron. Dabei müsse doch gerade er für Journalisten eine gute Geschichte hergeben, sagt er: "Die ach so ausländerfeindliche AfD hat einen Asylanten zum Vorsitzenden gewählt. Das ist doch eine Nachricht." Bystrons Familie war 1987 aus der damals sozialistischen Tschechoslowakei nach Deutschland geflüchtet. Er war damals 16 Jahre alt. Seitdem arbeitet er sich an Systemen ab: erst am Kommunismus, dann an der EU und den Griechenland-Rettern und jetzt am "System Merkel", wie er es nennt.
Innerhalb der AfD hat Bystron, der an der Münchner Hochschule für Politik studierte und dort zuletzt sogar zum Vorsitzenden des Fördervereins gewählt wurde, sich zunächst als Außen- und Europapolitiker positioniert. Doch unter den Lucke-Getreuen im Landesvorstand durfte Bystron nichts werden, zu wenig geheuer war ihnen der Kommunikationsberater mit den guten Kontakten ins neurechte Milieu und zum russischen Auslandssender Russia Today, wo er als Deutschlandexperte auftritt.
Im Sommer schrieb Bystron als Blogger auf der Homepage der Huffington Post den Sturz von Parteigründer Bernd Lucke herbei. Erst auf Nachfrage eines Medien-Portals wurde seine Parteimitgliedschaft in der Autorenzeile der Posts ergänzt. Der Abgang Luckes sei für die AfD eine Befreiung gewesen, sagt Bystron heute. Als er im Oktober beim Parteitag in Nürnberg zum Landesvorsitzenden gewählt wurde, hatten sechs von sieben AfD-Vorständen die Partei bereits verlassen.