Landesverband:Wie Petr Bystron die AfD in Bayern weiter nach rechts gerückt hat

AfD

Petr Bystron hat Erfolg, obwohl er unbekannt ist.

(Foto: Günther Reger)

Seitdem Bystron Landesvorsitzender ist, hat er die AfD auf einen Anti-Flüchtlingskurs ausgerichtet - und damit Erfolg in den Umfragen.

Von Christoph Dorner

Dieses Gespräch, bemerkt Petr Bystron gleich zu Beginn in freundlichem Ton, hat er eigentlich nicht nötig. Seine Meinungen bekomme er auch so unter die Leute. Bystron ist Landesvorsitzender der AfD, jener Phantompartei der bayerischen Politik, die neuerdings auf acht Prozent kommt. Er hat schon für rechte Zeitungen und Blogs geschrieben, als es die Alternative für Deutschland noch nicht gab.

Der 43-jährige Münchner mit den raspelkurzen Haaren weiß, wie er seine Zielgruppe bedient: den rechten Rand. An seinem Aufstieg von Listenplatz 17 bei der Bundestagswahl 2013 zum Landeschef lässt sich festmachen, wie sich auch die bayerische AfD verändert hat, seit Bernd Lucke die Partei im Juli 2015 verlassen hat. Die Rhetorik ist schärfer geworden, der Applaus in den sozialen Netzwerken dafür lauter.

Und die Umfrage-Ergebnisse werden laufend besser. Dabei liegt ein chaotisches Jahr mit Hunderten Parteiaustritten und -eintritten hinter dem Landesverband. Ihre neue Stärke bezieht die AfD aus der Polarisierung Bayerns in der Flüchtlingsfrage. "Würden sie gar nichts machen, wären sie auch bei acht Prozent", sagt der ehemalige Landesvorsitzende, der Münchner Stadtrat André Wächter. Er ist froh, dass er raus ist aus der AfD.

Es gibt wieder eine Partei rechts von der CSU

Dass sich nach der kurzen Hochphase der Republikaner Ende der Achtzigerjahre wieder eine nationalkonservative Partei formiert, bereitet vor allem den Christsozialen Sorgen. Seit den Zeiten von Strauß gilt für sie der Grundsatz: Rechts von der CSU endet das politische Spektrum. Das ist jetzt anders.

Während Seehofer mit Kanzlerin Angela Merkel um einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik ringt, inszeniert sich die AfD als Hüterin von Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit - und schürt zugleich Ressentiments gegen Flüchtlinge. Als Peter Dreier, Landrat der Freien Wähler, Flüchtlinge im Bus nach Berlin karrte, stilisierte die AfD ihn kurzerhand zum "Luther von Landshut". Der Landesverband hatte vorher Wegweiser mit der zynischen Aufschrift "Refugees Welcome" an der Grenze bei Passau aufgehängt, um Flüchtlinge direkt zum Bundeskanzleramt weiterzuleiten.

Bystron beherrscht den Spagat zwischen seriösem Auftreten und Populismus. Auf Parteiversammlungen fordert Bystron einen Freiwilligen-Fonds zur Flüchtlingshilfe und eine Befreiung von Familien von der Einkommenssteuer während einer Erziehungszeit. Das klingt scheinbar unverdächtig. Doch im Kern ist seine Agenda ein Angriff gegen eine seiner Meinung nach linke Politik aus Willkommenskultur, Umverteilung und Gender-Mainstreaming.

Bystron arbeitet sich am "System Merkel" ab

Dass über seine Partei vornehmlich kritisch berichtet wird, ärgert Bystron. Dabei müsse doch gerade er für Journalisten eine gute Geschichte hergeben, sagt er: "Die ach so ausländerfeindliche AfD hat einen Asylanten zum Vorsitzenden gewählt. Das ist doch eine Nachricht." Bystrons Familie war 1987 aus der damals sozialistischen Tschechoslowakei nach Deutschland geflüchtet. Er war damals 16 Jahre alt. Seitdem arbeitet er sich an Systemen ab: erst am Kommunismus, dann an der EU und den Griechenland-Rettern und jetzt am "System Merkel", wie er es nennt.

Innerhalb der AfD hat Bystron, der an der Münchner Hochschule für Politik studierte und dort zuletzt sogar zum Vorsitzenden des Fördervereins gewählt wurde, sich zunächst als Außen- und Europapolitiker positioniert. Doch unter den Lucke-Getreuen im Landesvorstand durfte Bystron nichts werden, zu wenig geheuer war ihnen der Kommunikationsberater mit den guten Kontakten ins neurechte Milieu und zum russischen Auslandssender Russia Today, wo er als Deutschlandexperte auftritt.

Im Sommer schrieb Bystron als Blogger auf der Homepage der Huffington Post den Sturz von Parteigründer Bernd Lucke herbei. Erst auf Nachfrage eines Medien-Portals wurde seine Parteimitgliedschaft in der Autorenzeile der Posts ergänzt. Der Abgang Luckes sei für die AfD eine Befreiung gewesen, sagt Bystron heute. Als er im Oktober beim Parteitag in Nürnberg zum Landesvorsitzenden gewählt wurde, hatten sechs von sieben AfD-Vorständen die Partei bereits verlassen.

Wie die AfD in Bayern aufgestellt ist

Der Landesverband hat nach dem Abgang von etwa 500 wirtschaftsliberalen und konservativen Parteimitgliedern nach eigenen Angaben längst wieder mehr als 3000 Mitglieder. In der bayerischen Kommunalpolitik spielt die AfD, die bei der Landtagswahl 2013 nicht angetreten war, aber praktisch keine Rolle. Die Münchner Stadträte André Wächter und Fritz Schmude schlossen sich im September der neuen Lucke-Partei Allianz für Fortschritt und Aufbruch (Alfa) an.

In Augsburg wechselte AfD-Fraktionschef Thomas Lis zur Vereinigung "Pro Augsburg", Marc Zander ging zur CSU. Die zwei verbliebenen AfD-Stadträte, Markus Bayerbach und Thorsten Kunze, bilden eine Ausschussgemeinschaft mit einem Stadtrat von "Wir sind Augsburg", was in der Wählervereinigung zu Zerwürfnissen führte, schließlich hatten sich in ihr viele Migranten engagiert.

Die Augsburger SPD-Fraktionsvorsitzende Margarete Heinrich sagt, Bayerbach und Kunze seien bislang durch ein konservatives Profil und engagierte Sacharbeit aufgefallen. Umso mehr stört Heinrich, dass die beiden Stadträte die AfD-Vorsitzende Frauke Petry am 12. Februar zu ihrem Neujahrsempfang eingeladen haben: "Bei der aktuellen Flüchtlingsproblematik müssen sie ihr Verhältnis zu Frau Petry klären."

Die neue Ausrichtung des Landesverbands

Bystron hat den Landesverband neu ausgerichtet. Er ist auf den asylkritischen Kurs der Bundespartei eingeschwenkt. Damit will er vor allem die CSU angreifen: "Ginge es nur nach den Inhalten, wären viele Leute aus der CSU längst bei uns", sagt er. Dabei hat Bystron genug mit den Ultrarechten in den eigenen Reihen zu tun.

Als AfD-Chef Björn Höcke im Dezember gegen Afrikaner hetzte, distanzierte sich Bystron zunächst. Dann aber sagte er dem BR: "Ich habe keinen Grund mich zu distanzieren bei den Aussagen, die er bisher gemacht hat." Steht Bystron langfristig für den gemäßigteren Kurs von Frauke Petry? Eher nicht.

Ihm scheint es wenig auszumachen, dass die AfD das Schmuddelkind der Landespolitik ist: "Bernd Lucke wollte immer anschlussfähig an andere Parteien sein. Wir zeigen klare Kante", sagt Bystron. Und er sagt es ganz freundlich.

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