Landespolitik:Opposition hat 350 Fragen zum Skandal bei Bayern-Ei

Oppositionsfraktionen präsentieren Fragenkatalog zum Bayern-Ei

Mit mehr als 350 Fragen zum Bayern-Ei-Skandal will die Opposition im Landtag im anstehenden Untersuchungsausschuss die Hintergründe des europaweiten Lebensmittelskandals aufklären. Von links nach rechts: Bernhard Pohl (Freie Wähler), Inge Aures (SPD) Rosi Steinberger (Grüne) und Florian von Brunn (SPD).

(Foto: Matthias Balk/dpa)
  • Durch den Verkauf kontaminierter Hühnereier der Firma Bayern-Ei sind im Sommer 2014 beinahe 200 Menschen an Salmonellen erkrankt. Mindestens eine Person kam zu Tode.
  • Nun soll ein Untersuchungsausschuss im Landtag klären, warum Kontrollmechanismen zur Lebensmittelüberwachung versagt haben.
  • Die Opposition ist mit den bisher aus dem Skandal gezogenen Konsequenzen nicht zufrieden.

Von Christian Sebald

Der europaweite Salmonellen-Ausbruch im Sommer 2014 mit wenigstens einem Toten und beinahe 200 Erkrankten durch kontaminierte Hühnereier der niederbayerischen Firma Bayern-Ei zählt zu den größten Lebensmittelskandalen im Freistaat. Nun befasst sich ein Untersuchungsausschuss des Landtags mit ihm. Am Mittwoch präsentierten SPD, Freie Wähler und Grüne einen Katalog mit etwa 350 Fragen, mit dem sie den Bayern-Ei-Skandal aufarbeiten wollen. Sie drehen sich nicht nur um den Ausbruch selbst, sondern um die Lebensmittelüberwachung insgesamt.

"Denn hier hat ja womöglich das komplette Kontrollsystem versagt", sagte die Grünen-Abgeordnete Rosi Steinberger. "Deshalb geht es uns um Schlussfolgerungen für die Zukunft, ein Skandal von dieser Dimension darf bei uns nie mehr passieren." Der SPD-Abgeordnete Florian von Brunn verdächtigt die Staatsregierung, bei der bisherigen Aufarbeitung "hauptsächlich vertuscht zu haben".

Der Bayern-Ei-Skandal war 2015 durch Recherchen des BR und der SZ öffentlich geworden. Im Sommer 2014 - ziemlich genau in der Zeit also, in der Verbraucherministerin Ulrike Scharf ihren Amtsvorgänger und jetzigen Staatskanzleichef Marcel Huber ablöste - waren in den Großställen des Unternehmers Stefan Pohlmann wiederholt Salmonellen festgestellt worden. Gleichwohl lieferte die Firma weiterhin Zigtausende Eier an Kunden aus.

Allein in Deutschland erkrankten 86 Personen, in Österreich waren es 95, von denen eine starb, und in Frankreich sechs. Die Zahlen sind womöglich nur ein Ausschnitt des tatsächlichen Geschehens. Die Fälle in Großbritannien etwa flossen nicht in die Zählung ein, da die Behörden dort nicht mit den hiesigen Ermittlern kooperierten.

Im Januar 2017 erhob die Staatsanwaltschaft Regensburg Anklage gegen den Unternehmer Pohlmann, der zwischenzeitlich in U-Haft gesessen hat. Sie lautet auf Körperverletzung mit Todesfolge, gefährliche Körperverletzung, "vorsätzliches Inverkehrbringen gesundheitsschädlicher Lebensmittel" und anderes mehr. Außerdem wird gegen weitere Personen ermittelt, unter ihnen Mitarbeiter von Kontrollbehörden. Die Bayern-Ei-Stallungen waren monatelang geschlossen. Seit Längerem schon werden dort wieder Eier produziert - unter strengen Auflagen.

Der Landtag hatte sich in den vergangenen Monaten wiederholt mit dem Bayern-Ei-Skandal befasst. Dabei hatte Verbraucherministerin Scharf stets jede Verantwortung ihres Ministeriums und anderer Kontrollbehörden für den Salmonellen-Ausbruch zurückgewiesen. Die Behörden seien ihren Aufgaben "völlig gerecht" geworden, erklärte sie schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt.

Welche Konsequenzen bereits gezogen sind

Zugleich ist der Skandal Grund für eine groß angelegte Reform der Lebensmittelüberwachung im Freistaat. Anfang 2018 übernimmt eine neue Zentralbehörde die Kontrolle sogenannter komplexer Lebensmittelbetriebe. Unter diese Kategorie fallen künftig auch Massentierhaltungen wie die Firma Bayern-Ei, aber auch Schlachthöfe. Bisher sind die Landratsämter auch für die Überwachung solcher Großbetriebe zuständig.

Die Landtagsopposition ist mit den bisherigen Konsequenzen überhaupt nicht zufrieden. "Ministerpräsident Horst Seehofer hat vor zehn Jahren als Bundeslandwirtschaftsminister die Bekämpfung der Vogelgrippe zur Chefsache erklärt und entschlossen gehandelt. Seine Verbraucherminister Huber und Scharf haben diese Entschlossenheit beim Bayern-Ei-Skandal völlig vermissen lassen", sagte der Freie-Wähler-Abgeordnete Bernhard Pohl. "Daher müssen wir ihn aufklären: Wie viele Menschen sind wirklich zu Schaden gekommen? Wer ist verantwortlich?"

Die Landtagsvizepräsidentin Inge Aures (SPD), die ebenfalls dem Untersuchungsausschuss angehören wird, sagte: "Wir sind es sowohl den unmittelbar Geschädigten als auch den verunsicherten Verbrauchern schuldig, den Bayern-Ei-Skandal umfassend aufzuklären. Die Kernfragen lauten: Wieso hat der Verbraucherschutz dermaßen versagt? Was muss getan werden, um das in Zukunft zu verhindern?"

Bis der neue Untersuchungsausschuss tatsächlich die Arbeit aufnimmt, wird es aber noch dauern. Zumal die Regularien für seine Einsetzung recht ausgeklügelt sind. Noch am gestrigen Mittwoch leiteten die Oppositionsparteien ihren Fragenkatalog der CSU zu. Am 13. Juli soll sich dann, so zumindest der Wunsch von der SPD, den Freien Wählern und Grünen, der Verfassungsausschuss des Landtags damit befassen.

Der Landtag selbst könnte eine Woche später die Einsetzung des Untersuchungsausschusses beschließen, sodass sich das Gremium noch kurz vor der Sommerpause konstituieren könnte. Die eigentliche Arbeit nimmt der Ausschuss dann erst im Herbst auf. Die Folge: Sie wird mitten im heraufziehenden Landtagswahlkampf stattfinden. Nicht wenige Beobachter sagen deshalb, dass der Ausschuss der Opposition Munition für den Wahlkampf liefern solle. Aus der CSU-Fraktion selbst hieß es am Mittwoch, man werde jetzt den Fragenkatalog der Opposition studieren.

"Wir sind froh, dass die Oppositionsfraktionen nun ihre Hängepartie beendet haben und wir nun Nägel mit Köpfen machen können", sagte die designierte Vorsitzende des Ausschusses, Mechthilde Wittmann (CSU). "Wir haben immer deutlich gemacht, dass wir offene Fragen effektiv klären werden, dazu gehört ein gründliches und flüssiges Verfahren."

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