Landespolitik:CSU will wieder langweilig werden

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Er sei richtig befreit, seit er der Partei gesagt habe, dass er weitermachen will, sagt Ministerpräsident Seehofer. (Foto: dpa)
  • Die Zeiten der wilden Debatten sollen erst einmal vorbei sein - hofft Parteichef Horst Seehofer. Immerhin: Zwischen ihm und Markus Söder herrscht Waffenstillstand.
  • In der CSU gibt es jedoch Kritik daran, dass Seehofer jede Aussage darüber vermeidet, ob er bei der Landtagswahl für eine komplette Legislaturperiode antreten will.

Von Robert Roßmann und Wolfgang Wittl, München/Berlin

Wenn die Dinge sich so entwickeln, wie sie sich seit Montag abzeichnen, dann stehen der CSU fade Wochen bevor. Einen großen Teil ihres Unterhaltungswertes bezieht sie ja daraus, dass sich ihre Protagonisten gerne öffentlich fetzen. Diese Zeiten scheinen vorerst vorbei zu sein.

Er sei jetzt so richtig befreit, sagte Horst Seehofer, nachdem er der Partei mitgeteilt hatte, er wolle es nun doch noch mal wissen als Ministerpräsident und CSU-Chef. Sein Rivale Markus Söder wiederum erklärte ausgiebig, er werde Seehofer ehrlich unterstützen, wobei er das Wort "ehrlich" so ausdauernd wiederholte, dass sich zwangsläufig die Frage aufdrängt, wie eine Unterstützung sonst auszusehen hat.

Seehofer will "Koalition mit dem Bürger" noch verstärken

Aber das gehört zu den Gaben der CSU, die sie von anderen Parteien unterscheidet: dass sich ihre Spitzenkräfte zusammenraufen (oder zähneknirschend fügen), wenn es darauf ankommt. Seehofer und Söder befinden sich nun im Status einer stillschweigend vereinbarten Waffenruhe.

Die CSU ist dankbar, dass Klarheit herrscht. Am Dienstag begründete Seehofer seine Entscheidung auch vor der Fraktion, ebenfalls unter ordentlichem Beifall, wie Teilnehmer berichten. Fraktionschef Thomas Kreuzer hatte Seehofers Entschluss mit den Worten begrüßt: "Man soll kein erfolgreiches Pferd wechseln, wenn es nicht sein muss." Auch wenn dieses "erfolgreiche Pferd" die eigenen Abgeordneten zuletzt gleich mehrmals in den Allerwertesten getreten hat: Sei es bei der Änderung des Wahlrechts, der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium oder beim dritten Nationalpark - als Seehofer der Fraktion und ihrem Chef Kreuzer mit deutlichen Worten klar machte, wer die Richtung vorgibt.

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Horst Seehofer hat in seiner politischen Karriere Triumphe erlebt und krachende Niederlagen. Mal stand er fast vor dem politischen Aus, dann regierte er wieder unangefochten.

Seinen Kurs, die "Koalition mit dem Bürger", will Seehofer in einer weiteren Amtszeit sogar noch verstärken. In einem bis zu drei Jahre dauernden Dialogprozess mit der Bevölkerung will er nach der Landtagswahl 2018 eine neue Konzeption für den Freistaat entwickeln, eine Art Agenda 2030. Er wolle einen "lebendigen Staat, der die Bürger total beteiligt" in der Frage, wohin Bayern sich entwickeln soll, sagte Seehofer am Dienstag im Landtag.

Es gehe um den richtigen Umgang mit Natur und Landschaft, um Versorgung im Alter - um immaterielle Dinge, auf die Menschen immer mehr Wert legten. Auch die Stärken Bayerns - Wirtschaft, Finanzen, Bildung, Sicherheit - will Seehofer weiter ausbauen. Wie genau, dafür ist die CSU noch auf Ideensuche. Auf zwei Basiskonferenzen in Rosenheim und Bamberg sollen Anfang Juli kreative Vorschläge entwickelt werden, für den Bund und das Land.

Die CSU möchte sich also mehr auf die Sacharbeit konzentrieren, dafür passend nominiert sie Innenminister Joachim Herrmann als Spitzenkandidat für die Bundestagswahl. Auf den Plätzen folgen Verkehrsminister Alexander Dobrindt, seine Staatssekretärin Dorothee Bär, Generalsekretär Andreas Scheuer und Entwicklungsminister Gerd Müller. Seehofer bezeichnete Herrmann vor der Fraktion als "Sahnehaube", was großen Applaus für den Innenminister gab, aber auch alle erheiterte, die um Herrmanns Vorliebe für Süßes wissen.

Herrmann ist es allerdings ernst mit seiner Aufgabe. Am Montag fuhr er trotz später Termine noch nach Berlin, um sich der Landesgruppe als Spitzenkandidat zu präsentieren. Das kam gut an bei den CSU-Kollegen im Bundestag, obwohl er erst um 20.30 Uhr mit eineinhalbstündiger Verspätung zur Sitzung eintraf. Bei den vergangenen Wahlen waren Mitglieder der Landesgruppe auf Platz eins gesetzt worden: 2009 Peter Ramsauer, 2013 Gerda Hasselfeldt. Dass in Herrmann nun ein Landespolitiker zum Zug kommt, hätte durchaus Ressentiments der Bundespolitiker hervorrufen können. Die Reaktionen in Berlin fielen aber durchweg freundlich aus. Herrmann sei eine exzellente Wahl, sagte Landesgruppenchefin Hasselfeldt, er sei "das Gesicht der inneren Sicherheit schlechthin".

Auch Berliner Landesgruppe begrüßt Votum für Herrmann

Über diesen Satz dürfte nicht nur Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) ins Grübeln kommen. Er zeigt auch, dass die Landesgruppe ihren beiden wichtigsten Innenpolitikern nicht so viel zutraut wie Herrmann. Stephan Mayer, der innenpolitische Sprecher, ist zwar talentiert, aber noch zu unbekannt. Und Ex-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat den Zenit seiner politischen Laufbahn bereits hinter sich, obwohl er jünger als Herrmann ist.

Die Personalentscheidungen pro Seehofer und Herrmann seien "mit großer Freude begrüßt worden", sagt Hasselfeldt. Sorgen, der bayerische Innenminister könnte den Einzug in den Bundestag verpassen, macht sich Hasselfeldt keine. Herrmann hat keinen Direktwahlkreis, aber die CSU-Spitze ist sich - auch wegen des geänderten Wahlrechts - sicher, dass der Einzug über die Liste klappt.

Problematischer wird in der CSU gesehen, dass Seehofer jede Aussage vermeidet, ob er für die komplette Legislatur von fünf Jahren antreten will. Das sei "eine schwere Hypothek für den Wahlkampf", ahnt ein CSU-Mann, die Opposition werde in dieser Frage nicht lockerlassen. Seehofers Dilemma: Teilt er vor der Wahl mit, dass er früher aufhört, gefährdet das seinen Erfolg. Legt er sich auf fünf Jahre fest, sollte er sie einhalten. Immerhin die Erwartungen in der CSU an den Chef sind klar. Es sei das oberste Ziel, die absolute Mehrheit in Bayern zu verteidigen. Er wolle aber kein Stöckchen in Form einer Prozentzahl hochhalten, über das Seehofer zu springen habe, sagte Söder dem Münchner Merkur. Das übernahm der frühere Parteichef Erwin Huber. 45 Prozent sollten es schon werden, sagte Huber dem BR, im Bund wie auch im Land.

© SZ vom 26.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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