Landesparteitag in Augsburg:Grüne: Margarete Bause schafft es doch noch auf die Landesliste

Margarete Bause

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hofiere "Orban, Putin und Trump", sagt Bause in Augsburg.

(Foto: dpa)
  • Die bayerischen Grünen haben in Augsburg ihre Kandidaten für die Bundestagswahl 2017 gewählt. Fraktionsvorsitzende Margarete Bause schaffte es erst im dritten Anlauf auf die Bundestagsliste.
  • Auf dem Landesparteitag ließen die Delegierten Bause zwei Mal durchfallen.
  • Claudia Roth und Anton Hofreiter führen die Bundestagsliste der Grünen an.

Von Lisa Schnell

Am Schluss hat es also doch noch geklappt für Margarete Bause. Voller Erleichterung umarmt die Fraktionsvorsitzende der bayerischen Landtagsgrünen auf dem Landesparteitag in Augsburg einen nach dem anderen. "Mensch, Mädchen", sagt der Landtagsabgeordnete Thomas Gehring ihr ins Ohr und tätschelt Bause den Rücken.

"Eine schwere Geburt", kommentiert Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz. Zweimal haben die Delegierten Bause am Freitagabend durchfallen lassen, auf Platz fünf und Platz sieben wählten sie statt Bause Beate Walter-Rosenheimer aus Oberbayern und die Unterfränkin Manuela Rottmann auf die Bundestagsliste. "Mensch, ihr hab es ganz schön spannend gemacht", sagt Bause dann auf der Bühne, als sie sich schließlich doch auf Platz neun gegen Lisa Badum durchgesetzt hat.

"So einen Parteitag habe ich noch nicht erlebt", sagt die Bundestagsabgeordnete Doris Wagner. Nur die ersten drei Plätze wählten die Delegierten so wie erwartet: Claudia Roth wird die Grünen bei ihrem Bundestagswahlkampf 2017 wieder auf Platz eins anführen, ihr folgen Anton Hofreiter und Ekin Deligöz. Doch schon bei Platz vier verpasste die Basis Dieter Janecek eine gehörige Klatsche. Dass Bause gleich zweimal durchfallen würde, das aber haben viele nicht erwartet.

Die Grünen hätten eben Lust auf Spannung, sagt Bause nach der letzten Umarmung. "Mir war klar, dass ich ein Risiko eingehe. Aber wer nichts riskiert, der gewinnt auch nicht." Platz neun sei ein aussichtsreicher Platz, da sei es "kein Thema", in den Bundestag zu kommen. Im Moment haben die Grünen neun Abgeordnete im Bundestag. Lange hatte sich Bause nach ihren zwei Niederlagen am Freitag noch mit Delegierten unterhalten. Sie hätten ihr gesagt: "Wir brauchen dich in Bayern. Bleib doch hier", erzählt Bause. Dass die Basis sie zweimal nicht gewählt hat, interpretiert sie auch als "Lob für meine Arbeit" in Bayern. Manche haben eine etwas andere Deutung.

Kaum einer bezweifelt Bauses politisches Geschick oder ihre Kompetenz. Aber sie gehört eben zum politischen Establishment. Dass Bause im Landtag schon für Frauenrechte kämpfte, auf der Straße gegen Atomkraft demonstrierte, als einige der Delegierten kaum geboren waren, das zählt bei der grünen Basis nicht allzu viel. Und genau darauf sind viele auch stolz. Warum Bause nach 30 Jahren in Bayern unbedingt noch nach Berlin muss, verstehen einige nicht. "Zu viel Karrierismus" wirft ihr ein Delegierter vor. Auch Bause sagt: "Die Basis wollte ein neues Gesicht."

Jetzt musste eine Frau aus Franken her

In der ersten Stichwahl gegen Beate Walter-Rosenheimer war es aber auch eine Entscheidung "zwischen Ratio und Emotion", sagt Karl Bär, ehemaliger Sprecher der Grünen Jugend. Bause ist nicht immer durch ihr warmherziges Wesen aufgefallen. Ihre erste Konkurrentin Walter-Rosenheimer aber tingelt von einem Ortsverein zum nächsten. "Everybody's Darling" ist die häufigste Beschreibung für sie unter den Delegierten. Sie sei "was für's Herz", "einfach nett", eine "positive Mutmacherin". In der Stichwahl gegen Manuela Rottmann aus Unterfranken spielte bestimmt auch der Regionalproproz eine Rolle. Zwei Oberbayern waren schon gewählt, jetzt musste eine Frau aus Franken her.

Noch in der Nacht zum Samstag war nicht klar, ob Bause die Herausforderung noch einmal annehmen würde. Das Lächeln schien, nach der zweiten Niederlage in ihrem Gesicht eingefroren zu sein. Ihre Enttäuschung konnte sie kaum mehr verbergen. "Puh", sagte Bause. Es gibt nicht viele Momente, in denen ihr die Worte fehlen. "Es war ein Angebot, das ich an die Partei gemacht habe. Wenn es nicht angenommen wird, dann akzeptiere ich das so", sagte sie knapp.

Manche hätten es an ihrer Stelle dabei belassen. "Bitter, sehr bitter", sei das für Bause, sagte der Landtagsabgeordnete Christian Magerl. Wäre er in ihrer Position, er hätte gesagt: "Schön war's. Ich orientiere mich um." Andere wie Eike Hallitzky sind froh, dass Bause das Risiko noch einmal eingegangen ist. "Bause ist eine sehr starke Politikerin, die uns im Bundestag gut tun wird", sagte Hallitzky.

Eine Minute hatte Bause am Samstag, um die Delegierten für sich zu gewinnen. Ihre Stimme hatte sie immer noch nicht ganz wieder, aber ihr Siegeswille war da. Aufmunterndes Klatschen begleitete sie, sogar ein paar Jubelrufe. In vielen Gesprächen am Freitagabend sei ihr klar geworden, dass sie die Basis offenbar nicht richtig davon überzeugen konnte, was sie an ihr habe, sagte Bause.

Zwei Argumente hatte sie für die Delegierten: Als erstes führte sie ihren Kampf für die Menschenrechte an. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hofiere "Orban, Putin und Trump". "Bei seiner Chinareise war ihm das Thema Menschenrechte keine einzige Silbe wert", sagte Bause. Sie aber habe sich damals mit dem verfolgten Künstler Ai Weiwei getroffen. Sie habe deutlich gemacht, "dass bayerische Politik etwas anderes ist als das Anbiedern bei Diktatoren". Höflicher Applaus.

Nicht nur bei Bause zeigte sich die Basis rebellisch

Bause setzte zu ihrem zweiten Argument an, ihre Redezeit war fast vorbei. Sie redete weiter. Die Bundestagswahl sei das Hinspiel zur Landtagswahl 2018 in Bayern. "Ich möchte dafür kämpfen, den Rechtspopulisten in Bayern eine deutliche Niederlage einzubringen", sagte Bause. Ihre strapazierte Stimme kippte fast, aber sie hielt durch, hob kämpferisch die Faust. Und mit viel Leidenschaft und wohl ebenso viel Verzweiflung, richtete sie ihre Bitte an die Basis: "Helft mir dabei, ich bitte um Eure Unterstützung".

Die Unterstützung bekam sie. "Sie musste gewinnen", sagt eine Delegierte. Alles andere wäre ein zu großer Skandal. Doch nicht nur bei Bause zeigte sich die Basis rebellisch, auch Dieter Janecek bekam ihren Unmut zu spüren. Sein Bundestagskollege Uwe Kekeritz forderte ihn auf Platz vier heraus. Janecek ist wirtschaftspolitischer Sprecher, war sechs Jahre lang Landesvorsitzender in Bayern.

Er ist oft in den Medien, ein bekanntes Gesicht. Der Mittelfranke Kekeritz ist als entwicklungspolitischer Sprecher aber nur wenigen ein Begriff. Und trotzdem bescherten die Delegierten ihm ein herausragend gutes Ergebnis. 190 gaben Kekeritz ihre Stimme, Janecek kam mit 95 nur auf halb so viel Stimmen.

Der unbekannte Franke schlug den Medienprofi aus Oberbayern. Da sprangen alle Franken von ihren Plätzen, verfielen in Jubelgeheul. Dass sein Sieg so "bombastisch" ausfallen würde, hätte Kekeritz selbst nicht gedacht, dass er gewinnen könnte aber schon. Er vertrete mit der Entwicklungspolitik ein Thema, das gerade jetzt so wichtig sei wie nie zuvor. Janecek dagegen kann nicht ganz begreifen, was da gerade passiert ist. "Ich habe eine klare Wahlniederlage gekriegt.

Die Gründe kann ich nicht ganz verstehen", sagte er. Er spreche eben auch unangenehme Themen an und das werde er auch nicht ändern. Janecek macht aus seiner Affinität zu einer schwarz-grünen Koalition keinen Hehl, lehnt sogenannte "Monsterstromtrassen" nicht von vorneherein ab.

Dass er für seine Positionen kämpft rechnen ihm nicht alle hoch an. Er stelle seine eigenen Interessen zu oft vor die der Partei, heißt es. Die Basis habe ihn für seine "ewige Ego-Show" abgestraft, heißt es. Er solle zu seinen Parteikollegen doch mal genauso freundlich sein wie zu den Medien. Andere sagen, er habe einfach nur eine "grottenschlechte Rede" gehalten.

Sein Herausforderer Kekeritz dagegen ist einer, der das Land hoch und runter beackert, jeden kennt, jedem auf die Schulter klopft und jedem auch zuhört, heißt es. Janecek sei sicher ein "Vordenker", sicher auch ein "Querkopf und manchmal auch ein Ego-Shooter", sagte Hallitzky. Damit ist Janecek vielleicht "nicht jedermanns Liebling und selten Stimmenkönig", aber sicher "wichtig für die gesamte Partei".

Janecek schafft es zum Schluss dann doch noch auf einen aussichtsreichen Platz, sogar ohne Gegenkandidaten. Warum sich gegen einen, der so angeschlagen war wie Janecek, kein Herausforderer fand, verstehen einige nicht. Es war aber auch so schon spannend genug.

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