Landesparteitag der SPD:Im Tief verwurzelt

Bayerns SPD steht laut Umfragen so schlecht wie nie da. Ein "Raketen-Wahlkampf" soll nun alles ändern.

Katja Auer

Gefeiert wird das Jubiläum nicht, am Wochenende beim SPD-Parteitag in Würzburg: Seit 50 Jahren sind die Sozialdemokraten in Bayern in der Opposition. Ohne Aussicht auf Änderung. Nach einer aktuellen Umfrage liegt die SPD derzeit bei 16 Prozent. 3,6 Prozent unter dem desaströsen Ergebnis der Landtagswahl 2003.

Franz Maget, Chef der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag

Franz Maget, Chef der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag

(Foto: Foto: dpa)

Die Schwäche der CSU, ausgelöst durch den internen Machtkampf und den neun Monate langen Rückzug von Ministerpräsident Edmund Stoiber haben der SPD nicht genutzt. Die einstige Volkspartei, die mit Wilhelm Hoegner den ersten Ministerpräsidenten nach dem Zweiten Weltkrieg stellte, droht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken.

Der Parteitag soll wie ein Aufbruchssignal wirken, mit einem "Raketen-Wahlkampf" will Florian Pronold im Wahljahr 2008 durchstarten. Pronold, 34, ist Chef der SPD-Landesgruppe in Berlin, stellvertretender Landesvorsitzender und offenbar ein unverbesserlicher Optimist.

Erst werde im Kommunalwahlkampf gepunktet - im Visier hat die SPD unter anderem die Rathäuser von Regensburg und Würzburg. Und bei der Landtagswahl soll die absolute Mehrheit der CSU gebrochen werden. "Dann brennt der Laden nicht nur, dann explodiert er", frohlockt Pronold. Vor dem Start der Rakete verjünge die Partei am Wochenende die Führungsspitze.

Ratlosigkeit und Mitgliederschwund

Woher Pronold seine Zuversicht nimmt, bleibt sein Geheimnis. Denn der 34 Jahre alte Niederbayer muss einräumen, dass die SPD nicht besonders gut dasteht. Warum, darüber herrscht Ratlosigkeit in der Partei. Die bundespolitischen Probleme, erst mit Rot-Grün, jetzt in der großen Koalition, sie seien sicher ein Faktor.

Auf schwer vermittelbare Inhalte wie die Agenda 2010 und die Hartz-IV-Politik führt SPD-Sprecher Harald Schneider auch den Mitgliederschwund von 78.290 Genossen im Juni 2005 auf heute 72.891 zurück. Fest steht auch, dass der Führungswechsel von Wolfgang Hoderlein zu Ludwig Stiegler nach der Landtagswahlschlappe nicht den erhofften Aufschwung brachte.

"Ich habe damals das Auseinanderfallen verhindert", sagt Stiegler. Dass es aber große Probleme in der Fläche gibt, räumt er ein. Stiegler wäre bei diesem Parteitag zu einem Rückzug bereit gewesen, stattdessen wurde er gebeten, noch einmal anzutreten. Andere wiederum deuten Stieglers Wiederkandidatur so, dass er seinem Zögling und potentiellen Nachfolger Pronold die zu erwartende Wahlschlappe 2008 ersparen will. Oder dass Pronold genau davor kneife.

Zumindest der alte Vorwurf, der Landesvorstand sei zu weit entfernt von Bayern, die Bundespolitiker ließen die Landtagsabgeordneten mit dem mühseligen Oppositionsgeschäft allein, soll am Wochenende entkräftet werden. Mit der Wahl von Thomas Beyer, 43, und Adelheid Rupp, 48, zu stellvertretenden Vorsitzenden will die SPD jünger und bayerischer werden.

Eher die Hand abhacken, als SPD wählen"

Die Bundespolitiker Ulrike Mascher, 68, und Walter Kolbow, 67, ziehen sich aus dem Vorstand zurück. Auch Schatzmeisterin Heide Mattischek, 67, gibt ihr Amt zugunsten des Juso-Vorsitzenden Thomas Goger, 31, auf. Damit habe man "in der engeren Landesführung mehr qualifiziertes Personal als die ganze CSU-Fraktion", spottet Pronold.

Gerade Thomas Beyer dürfte künftig verstärkt als Stimme der Partei in Bayern wahrgenommen werden. Der Landesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt ist fest entschlossen, die bessere Verzahnung von Landes- und Bundespolitik im Vorstand in bessere Wahlergebnisse umzumünzen. "Wir haben es nicht geschafft, aus unserem Tief rauszukommen", räumt er ein. Dabei mangle es weder am Personal noch an fachlicher Kompetenz.

Das Problem sei die fehlende Verankerung der SPD in der Bevölkerung. Das klingt nach Resignation. "Die SPD wird als Alternative zur CSU nicht hinreichend wahrgenommen", sagt Beyer. Schon Fraktionschef Franz Maget stellte auf dem Höhepunkt der CSU-Krise fest, dass es in Bayern Menschen gebe, "die hacken sich eher eine Hand ab als die SPD zu wählen". Machtlos schauten die Sozialdemokraten auf die Hahnenkämpfe der CSU, die deren Ansehen als Regierungspartei kaum beschädigen konnten.

Wie also die Regierungsfähigkeit beweisen? Zutrauen würde man sich das, wird in der Landtagsfraktion mittlerweile betont. Auch wenn einige Abgeordnete an den eigenen Leuten immer noch bemängeln, dass sie es sich in der Oppositionsrolle recht gemütlich gemacht hätten und sich mit Selbstmitleid begnügten. Am Fraktionschef Franz Maget liege es nicht, heißt es, der sei zwar ein bisschen zu nett, vor allem aber gilt er als kompetent und als einer der besten Redner im Parlament.

Kommunale Erfolge

Dass die SPD die richtigen Ideen habe, sieht sie als bewiesen, seit Ministerpräsident Stoiber sein Investitionsprogramm "Bayern 2020" vorgelegt hat: Zusammengestellt aus SPD-Vorschlägen sei das Programm, klagen die Abgeordneten. Kinderbetreuung, Ganztagsschulen, Hochschulausbau. All das habe die SPD lange schon gefordert, die CSU-Mehrheit aber stets abgeschmettert.

"Die CSU versteht es geschickt, Ideen der anderen als eigenen Erfolg zu verkaufen", sagt Augsburgs Oberbürgermeister Paul Wengert. Daraus resultiere der für die SPD unglückselige Kreislauf: Mit ihren vielen Mandaten könne die CSU viele Themen besetzen und die guten Ideen der Minderheiten vereinnahmen. Dadurch stehe die CSU für eine erfolgreiche Politik und werde wieder gewählt. Nach 50 Jahren in der Opposition sei es für die SPD schwierig, diesen Kreislauf aufzubrechen, sagt Wengert.

Die Erfolge in der Kommunalpolitik - die drei größten Städte Bayerns werden von einem roten Oberbürgermeister regiert - zeigten, dass die Mehrheit der CSU kein ehernes Gesetz sei. Und so teilt auch Wengert die Zuversicht, die CSU bei der Landtagswahl unter 50 Prozent drücken zu können. Das Erfolgsrezept kennt der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly: Die SPD brauche "keine revolutionäre, eher eine evolutionäre Entwicklung". Maly meint damit die personelle Erneuerung. Der Optimismus des Raketen-Beschwörers Pronold schwingt in seinen Worten nicht mit.

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