Landeskriminalamt:Jugendliche verbreiten Kinderpornografie

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Penisbilder von Klassenkameraden, Nacktvideos von Mitschülerinnen: Immer mehr Kinder und Jugendliche geraten wegen der Verbreitung von Kinderpornografie ins Visier der Ermittler. Nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) gab es in Bayern im vergangenen Jahr 1197 Tatverdächtige unter 21 Jahren. Das bedeutet eine Steigerung von rund 125 Prozent. 2018 waren es noch 532. "Das wird von Jahr zu Jahr mehr. Bei den Zehnjährigen beginnt es bereits", sagte Johannes Luff, Sachgebietsleiter der Kriminologischen Forschungsgruppe des LKA, der Deutschen Presse-Agentur. Er führt den Anstieg vor allem darauf zurück, dass Smartphones bei Kindern und Jugendlichen immer weiter verbreitet seien. Oft bekämen Schüler solche Bilder in Whatsapp-Chats, manchmal seien es Fotos des gleichaltrigen Freundes oder der Freundin - oder Selfies wie das "Dick-Pic" genannte Penisfoto.

Die Polizeistatistik weist solche Fälle zwar nicht vereinzelt aus, aber Luff geht davon aus, dass sie den überwiegenden Teil ausmachen. "Ich will nicht sagen, dass die unschuldig sind. Aber die kriegen es halt geschickt und gucken es an." Der Großteil der Täter sei männlich und - anders als beispielsweise bei Gewaltdelikten, wo Tatverdächtige mit ausländischer Staatsbürgerschaft überrepräsentiert seien - deutsch. Die bayerischen Zahlen liegen nach LKA-Angaben im Bundestrend. "Im Bund haben wir die exakt gleiche prozentuale Steigerung", sagte Luff. Die Zahl der Tatverdächtigen stieg von 2018 auf 2019 von 3316 auf 7584. "Im letzten Jahr ging das durch die Decke." Der Experte appelliert an Eltern, sich gemeinsam mit ihren Kindern mit der Thematik auseinanderzusetzen und auf die Gefahren von Nacktfotos und "Dick-Pics" hinzuweisen. "Datenschutz ist auch und vor allem Dateienschutz. Was irgendwo gespeichert ist, ist nicht mehr rauszukriegen aus dem Internet.

"Diese Entwicklung hat sich bereits seit einigen Jahren abgezeichnet", sagt auch der renommierte Cyberkriminologe Thomas-Gabriel Rüdiger vom Institut für Polizeiwissenschaft der Hochschule der Polizei in Brandenburg, der seit Jahren unter anderem zum Phänomen Cybergrooming forscht. Das Strafrecht sei immer noch nicht vollumfänglich dazu in der Lage, auf das zu reagieren, was durch soziale Medien heute an der Tagesordnung ist.

© SZ vom 19.10.2020 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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