Landesbank-Rettung:Großes Zittern bei den Sparkassen

Seehofer lobt Söders Arbeit bei der Rettung der Landesbank als "nobelpreiswürdig". Doch was dabei gerne übersehen wird: Die Sparkassen könnten durch einen nachträglichen Beitrag für die Landesbank-Rettung Hunderte Millionen Euro verlieren.

Alexander Hagelüken, Frank Müller und Klaus Ott

Ganz großer Fortschritt, vielleicht sogar die letzten Meter vor dem Durchbruch: Ministerpräsident Horst Seehofer gibt sich fast schon euphorisch, wenn es um die Zukunft der Bayerischen Landesbank geht. Seehofers Finanzminister Markus Söder hat am Vorabend in Berlin mit Vertretern der Europäischen Union verhandelt, damit die endlich das neue Geschäftsmodell der weiß-blauen Staatsbank genehmigt. Und damit die EU nachträglich akzeptiert, dass der Freistaat sein Geldinstitut mit öffentlichen Mitteln vor der Pleite bewahrt hat.

Seehofer und Söder strahlen sehr viel Zuversicht aus, als sie am Mittwoch in der Staatskanzlei von der jüngsten Verhandlungsrunde mit der EU berichten. "Wir sind wirklich jetzt sehr, sehr nah dran", sagte Söder. "Die letzten fünf Meter zum Gipfel sind immer die schwierigsten." Seehofer spricht gar von einem "halben Durchbruch".

Und die jüngst etwas getrübte Stimmung zwischen Seehofer und Söder ist wieder demonstrativ auf ganz neuen Höhepunkten. Nicht nur "ein Meisterstück" sei Söders Arbeit in Sachen Bayern LB, lobt Seehofer. Sondern sogar "nobelpreiswürdig".

Ein paar Straßen weiter, beim Sparkassenverband, hört man ganz andere Töne: tragfähiger Kompromiss, das ja, aber noch keine Einigung und weiterhin offene Punkte. So äußert sich Verbandspräsident Theo Zellner, der bei der Verhandlungsrunde in Berlin ebenfalls mit am Tisch saß. Die Sparkassen sind Miteigner der Landesbank und sollen nachträglich noch einiges für deren Rettung zahlen. Wie schlimm das die kommunalen Kreditinstitute treffen könnte, sagt Zellner nicht. Zumindest nicht öffentlich.

Das steht in einem internen Brandbrief, den der Verband im März an die 72 Sparkassen in Bayern geschickt hat und dessen Lektüre nur einen Schluss zulässt: Die Landesbank könnte vielen Sparkassen die Bilanz verhageln.

Die Wortwahl in dem Brief ist eindeutig. Da ist von "drohenden Belastungen" die Rede. Und davon, dass bereits in den Bilanzen für 2011 dann eine "Risikovorsorge" zu treffen wäre. Für die kommunalen Kreditinstitute, die bei der BayernLB in den vergangenen Jahren bereits rund eine Milliarde Euro verloren haben, geht es noch einmal um mehr als 500 Millionen Euro, vielleicht sogar noch um sehr viel mehr.

Im schlimmsten Fall, rechnet ein führender Sparkassenfunktionär vor, stehen fast 900 Millionen Euro auf dem Spiel. Bislang war der Sparkassenverband davon ausgegangen, dass keine zusätzlichen Belastungen drohen. Nun sieht das ganz anders aus.

Vor drei Wochen hatte sich die Verbandsspitze, der führende Kommunalpolitiker angehören, in Landshut getroffen. Auf 500 Millionen Euro müssten sich die Sparkassen einstellen, heiß es da, was niemandem gefiel. Die Kommunalpolitiker, unter ihnen zahlreiche CSU-Leute, verlangten eine harte Linie gegenüber Söder und Seehofer. Doch Ministerpräsident und CSU-Chef Seehofer und sein wichtigster Parteistratege und Minister haben die EU auf ihrer Seite.

Die EU könnte, sollten sich die Sparkassen weiter zieren, ein Verfahren gegen die kommunalen Kreditinstitute einleiten. Das macht auch Söder am Mittwoch noch einmal deutlich. Und die EU könnte sogar alle Hilfen des Freistaats für seine Landesbank zurückfordern, insgesamt zehn Milliarden Euro. Dann wäre die BayernLB pleite, zum Schaden des Landes und der Sparkassen.

Der Sparkassenverband kennt die Haltung der EU, er hat deshalb seine 72 Mitgliedsinstitute vorsorglich darum gebeten, mit den Bilanzen für 2011 noch zu warten. Und darüber hinaus auch noch nicht zu beschließen, wie die erwarteten Überschüsse verwendet werden sollen.

Mit 1,2 Milliarden Euro taxiert

Vielleicht gibt es ja nichts mehr zu verteilen, wenn erst einmal feststeht, was die Sparkassen zur Landesbank noch beisteuern müssen. Schon nach Ostern könnte das feststehen. Die EU will durchsetzen, dass die Sparkassen ihre stille Einlagen in der BayernLB in "hartes Kernkapital" für die Landesbank umwandeln. Und zwar auf eine Art und Weise, bei der die Anteile der kommunalen Kreditinstitute an der Landesbank viel an Wert verlieren könnten. In Verbandskreisen ist von 250 bis 500 Millionen Euro die Rede.

Außerdem wollen und sollen die Sparkassen der BayernLB die Landesbausparkasse (LBS) abkaufen. Die Frage ist nur, zu welchem Preis. Gut 600 Millionen Euro sei die LBS wert, sagen die kommunalen Kreditinstitute und berufen sich auf ein von ihrem Verband in Auftrag gegebenes Gutachten. In einem Gegen-Gutachten, das Finanzminister Söder für den Freistaat hat anfertigen lassen, wird die LBS mit 1,2 Milliarden Euro taxiert.

Zuletzt hatten sich das Land und die Sparkassen geeinigt - zwar nicht auf eine Summe, aber auf ein Verfahren. Beide wollen nun durch ein unabhängiges Gutachten den Wert der LBS überprüfen lassen und diese Summe dann auch verbindlich akzeptieren. Allerdings habe die EU deutlich gemacht, dass ihr der Betrag am Ende noch zu gering sein könnte, erklärten Seehofer und Söder. Dann müssten womöglich zusätzliche Mittel aus dem Sparkassenlager die Differenz ausgleichen. Über deren Höhe wollten Seehofer und Söder am Mittwoch nichts sagen.

Die EU beharrt jedenfalls darauf, dass die Sparkassen rund eine Milliarde Euro für die LBS bezahlen, das macht der zuständige EU-Kommissar Joaquín Almunia am Mittwoch in Brüssel noch einmal deutlich. Das bisherige Angebot der Sparkassen von höchstens rund 800 Millionen Euro lehnt Almunia ab - viel zu wenig dafür, dass die Sparkassen bis zur Finanzkrise die Hälfte der Bank besaßen und nur durch die Senkung ihres Anteils zur Rettung beitrugen, während Bayerns Steuerzahler mit zehn Milliarden Euro einsprangen.

Auch von Seehofers "halbem Durchbruch" will Almunia nichts wissen. Im Gegenteil. "Die Verhandlungen sind nicht so weit, wie wir das noch vor einer Woche dachten."

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