Süddeutsche Zeitung

Landesbank-Desaster:Kassieren in Klagenfurt

Wurde die BayernLB beim Kauf der Hypo Alpe Adria "gezielt getäuscht"? Die bayerische Regierung prüft eine Forderung in Milliardenhöhe gegen das österreichische Bundesland Kärnten.

Klaus Ott

Die bayerische Staatsregierung ist zuversichtlich, nach dem Milliardendesaster der Landesbank in Österreich hohe Schadenersatzforderungen gegen das Land Kärnten geltend machen zu können. Es sehe so aus, als sei die Landesbank vor drei Jahren beim Kauf der in Kärnten ansässigen Hypo Group Alpe Adria (HGAA) über deren Zustand "gezielt getäuscht worden", heißt es in Regierungskreisen in München.

Hauptaktionär der HGAA war damals das Land Kärnten. Sollten sich die Hinweise auf Betrug und Täuschung erhärten, dann wird Bayerns Landesbank nach Angaben aus Regierungskreisen den gesamten entstanden Schaden einfordern.

"Es ist klar, dass wir dann alles geltend machen." Der Freistaat und die BayernLB haben bei der Hypo Alpe Adria insgesamt 3,7 Milliarden Euro verloren.

Der von Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) geleitete Verwaltungsrat der Landesbank hat solche Schadenersatzforderungen bereits besprochen. Der Verwaltungsrat beaufsichtigt die BayernLB. Er hat den Bankvorstand beauftragt, alle nötigen Schritte zu unternehmen, um möglichst viel Geld zurückholen zu können. Den Angaben aus Regierungskreisen zufolge sind in Österreich vorsorglich bereits "Anspruchsschriften" gegen die damaligen Verkäufer der HGAA-Anteile hinterlegt worden, damit keine Verjährung eintreten könne.

Für Schadenersatzforderungen ist formal die Landesbank zuständig. Das Finanzministerium und die Landesbank wollten sich dazu wegen der noch laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaften in München und in Kärntens Hauptstadt Klagenfurt nicht äußern.

Hohe Millionenbeträge "abgezweigt"

Die Strafverfolger in Klagenfurt gehen dem Verdacht systematischer krimineller Geschäfte bei der Hypo Alpe Adria von 1998 bis 2007 in der Größenordnung von mehreren hundert Millionen Euro nach. Bei der anschließenden Übernahme der HGAA durch die BayernLB soll dies vertuscht worden sein. Träfe das zu, dann wäre die Landesbank getäuscht worden. Ermittlungsunterlagen zufolge hat sich der Verdacht auf Straftaten erhärtet.

Für Immobilien und Touristik-Projekte auf dem Balkan soll soll die HGAA wiederholt "wissentlich" große Kredite ohne ausreichende Sicherheiten gewährt haben. Hohe Millionenbeträge seien anschließend "abgezweigt" worden, zum Teil über Gesellschaften in Liechtenstein. Auf diese Weise sollen sich an diesen Geschäften beteiligte Manager bereichert haben. In einem Fall hat das Landgericht Liechtenstein bereits 16,5 Millionen Euro, die dort auf Bankkonten liegen, wegen Geldwäscheverdacht gesperrt. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermittelt unter anderem gegen ein früheres Vorstandsmitglied der HGAA. Diese Woche war es erneut zu Durchsuchungen gekommen.

In Bayerns Staatsregierung werden die neuesten Erkenntnisse der Ermittler als "erschütternd" bezeichnet. "Das hätten wir nicht für möglich gehalten", heißt es dort Schließlich unterstehe die HGAA der österreichischen Bankenaufsicht.

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SZ vom 14.05.2010/tob
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