Landesausstellung 2011:Ludwig - eine Ikone der Moderne

Verschwender? Keine Spur! Die Landesausstellung 2011 auf Schloss Herrenchiemsee soll einen ganz neuen Blick auf den Bayernkönig ermöglichen.

Hans Kratzer

Im dienstlichen Leben des Finanzministers Georg Fahrenschon (CSU) gibt es durchaus Tage, die nicht vom Tamtam um die Bayerische Landesbank verdüstert werden, sondern höchstens vom Sauwetter. Die gestrige Schifferlfahrt auf dem Chiemsee wäre ein richtig schöner Termin für ihn geworden, wenn es nicht wie aus Kübeln geschüttet hätte. Aber im Bauch des historischen Schaufelraddampfers "Ludwig Fessler" waren die Gäste vor dem Dauerregen gut geschützt, und Fahrenschon fühlte sich deshalb sichtlich in seinem Element, als er zusammen mit seinem Ministerkollegen Wolfgang Heubisch (FDP) das Konzept der kommenden Landesausstellung über König Ludwig II. vorstellte. Der sogenannte Märchenkönig scheint ihm richtig ans Herz gewachsen zu sein, und das, obwohl der Kini offensichtlich ein Geldverschwender von ähnlich monströsen Ausmaßen war wie heutzutage die Landesbank.

Präsentation der Bayerischen Landesausstellung 2011

Präsentation der Bayerischen Landesausstellung 2011: Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU, l.), Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) vor einem Plakat mit König Ludwig II.

(Foto: dpa)

Es hatte sich viel Volk versammelt auf dem Schiff, denn die Landesausstellung weckt schon jetzt riesige Erwartungen, nicht zuletzt weil sie in dem von Ludwig erbauten Schloss Herrenchiemsee inszeniert werden wird. Vor allem in den geheimnisvollen unvollendeten Räumen, die 2011 erstmals für Besucher geöffnet werden. "Die unendlichen Fluchten der Rohbauräume bieten eine ideale Plattform für die Ausstellung", sagte Johannes Erichsen, der Präsident der Schlösserverwaltung, welche die Landesausstellung zusammen mit dem Haus der Bayerischen Geschichte organisiert.

Der Ort, das Thema und die jetzt erstmals präsentierte Konzeption der Ausstellung lassen tatsächlich vermuten, dass hier eine Ausstellung entsteht, wie sie Bayern noch nie gesehen hat. Der Rosenheimer Landrat Josef Neiderhell ist schon jetzt überwältigt von dem, was da auf den Chiemgau zukommt. "Bisher sind jährlich 420000 Besucher auf die Herreninsel gekommen. Ich denke, im nächsten Jahr werden es doppelt so viele." Richard Loibl, Chef des Hauses der Bayerischen Geschichte, bremste die Euphorie seines Vorredners zwar gleich wieder ein: "Diese hohen Erwartungen teilt die Ausstellungsleitung nicht", aber das, was man dann vorab auf der Leinwand zu sehen bekam, scheint nach den ersten Eindrücken für einen Rekordbesuch auf der Insel durchaus geeignet zu sein.

Dass Ludwig II. in jeder Hinsicht polarisiert und die Ausstellung eben aus dieser Kraft heraus ihre Spannung beziehen wird, demonstrierten die beiden Staatsminister eher ungewollt. Heubisch behauptete nämlich salopp, der Kini sei zwar unsterblich geworden, er habe das Königreich Bayern aber an den Rand des Ruins gebracht. Da kam er bei Fahrenschon an die richtige Adresse, denn der konterte mit einer historischen Neubewertung, wie man sie bisher noch nicht so oft gehört hat.

"Ludwig II. hat den Staat nicht ruiniert", sagte der Finanzminister, "er hat nur das Vermögen der königlichen Familie strapaziert." Der Druck, die Bautätigkeit an den Schlössern einzustellen, sei stark aus der eigenen Familie gekommen, weniger aus dem Landtag. "Durch die Landesausstellung können wir mit so mancher Legende aufräumen", sagte Fahrenschon und belegte damit eindrucksvoll, dass Ludwig II. nach der Ausstellung wohl mit anderen Augen gesehen werden wird als heute.

"Ikone der Moderne"

"Wir wollen Ludwig als eine Ikone der Moderne zeigen", sagte Ausstellungsleiter Peter Wolf. Es ist ein janusköpfiger Blick vonnöten, um Ludwig überhaupt zu begreifen. Er war rückwärtsgewandt, nützte aber gleichzeitig die Hilfsmittel der Moderne, um aus dem Alltag zu entfliehen. Reedereichef Michael Fessler verdeutlichte diesen Spagat am Beispiel der eigenen Familiengeschichte. Heute lebt die von der Familie betriebene Chiemseeschiffahrt von den Touristenfahrten hinüber zum Schloss, Ludwig aber zahlte den Fesslers Geld dafür, dass sie keine Besucher zur Insel hinüberfuhren, solange der Monarch auf dem Eiland weilte.

Die Ausstellung wird Ludwigs Geschichte in Form eines szenischen Dramas erzählen. Die Ausstellungsarchitektur stammt von dem Salzburger Grafikdesigner Friedrich Pürstinger, der sich bei mehreren Landesausstellungen in Österreich einen Namen gemacht hat. Die Besucher werden völlig neue Formen der Präsentation erleben, szenische Inszenierungen ebenso wie aufwendige 3D-Projektionen von geplanten Bauwerken, die Ludwig nicht mehr realisiert hat.

Manche Ziegelmauern im Schloss sind bis zu 17 Meter hoch, und trotzdem werden sie komplett in die Schau mit einbezogen. Ein Raum wird sich beispielsweise dem Tod Ludwigs und dessen Mythos widmen. Auf vier Meter hohen Stoffbahnen werden jene Mitwirkenden bildlich zu sehen sein, die an der Verschwörung gegen den König teilhatten. Ihre Absichten werden in Sprechblasen zu lesen sein. Damit entsteht für den Betrachter eine fast beängstigende Wirkung der sich zuspitzenden Lage.

"Wir werden den Blick der Youtube-Generation mit der Darstellungsform des 19. Jahrhunderts verbinden", sagte Peter Wolf. Das hat es in diesem Ausmaß in Bayern in der Tat noch nicht gegeben.

Ludwig II. macht alles möglich.

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