Süddeutsche Zeitung

KZ-Witze und Hitlergruß:Rauswurf aus dem Priesterseminar

Zwei angehende Pfarrer erzählen KZ-Witze, zeigen den Hitlergruß und rufen nach dem "Neger zum Abräumen". Nun hat das Würzburger Priesterseminar die Studenten rausgeworfen. Über das Schicksal eines dritten Priesterschülers wird noch entschieden.

Von Katja Auer

Die rechtsradikalen Umtriebe am Würzburger Priesterseminar bleiben nicht folgenlos: Zwei angehende Pfarrer müssen das Seminar verlassen, einem dritten droht ebenfalls der Ausschluss. Das erklärten der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick und der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann am Mittwoch in Würzburg. Sie ziehen damit die Konsequenzen aus dem Bericht einer externen Untersuchungskommission, die sich mit den Vorfällen am Seminar beschäftigte, in dem 18 junge Männer aus beiden Bistümern ausgebildet werden.

Es sind keine Lappalien, die die dreiköpfige Kommission in einem mehr als 200 Seiten dicken Bericht zusammengefasst hat. Und sie gehen über das hinaus, was bislang bekannt war. Demnach parodierte der nun ausgeschlossene Seminarist aus dem Erzbistum Bamberg im Bierkeller des Priesterseminars zusammen mit einem weiteren Alumnen Adolf Hitler und zeigte mindestens einmal den Hitlergruß. Außerdem erzählte er mindestens drei Judenwitze.

Dabei handelte es sich "um völlig unakzeptable und unerträgliche KZ-Witze, womit die fabrikmäßige Ermordung unzähliger jüdischer Kinder, Frauen und Männer im Dritten Reich zum Gegenstand von Spott und Hohn gemacht wurde", sagte Norbert Baumann, der Vorsitzende der Untersuchungskommission. Baumann ist Richter am Oberlandesgericht Bamberg. Beim Mittagessen sei nach einen "Neger zum Abräumen" gerufen worden, was die Kommission als eine "nicht hinnehmbare rassistische Äußerung" wertete.

Der zweite inzwischen entlassene Priesteramtsanwärter stammt aus dem Bistum Würzburg. Er besuchte ein Konzert der wegen angeblich rechtsradikaler Tendenzen umstrittenen Band Frei.Wild und ließ sich dafür von einem Gottesdienst freistellen, ohne dem Regens den Grund mitzuteilen. Damit habe er unangenehme Fragen umgehen wollen. Bis heute sei er nicht zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Band-Texten bereit, sagte Baumann.

"Es gab und gibt kein braunes Netzwerk"

Es sollen vor allem diese beiden jungen Männer sein, die das Seminar in den Ruch der rechtsradikalen Gesinnung gebracht haben. "Es gab und gibt kein braunes Netzwerk und keinen braunen Sumpf im Priesterseminar Würzburg", betonte Baumann. Stattdessen handle es sich um das "Fehlverhalten und Fehleinstellungen einzelner Seminaristen". Bei diesen sei allerdings keine Einsicht erkennbar gewesen.

Ein dritter angehender Pfarrer, wiederum aus dem Bistum Bamberg, sei einmal aufgefallen, er darf bislang aber noch im Seminar bleiben. "Da besteht noch Gesprächsbedarf", sagte Erzbischof Schick, wollte aber nicht ausschließen, dass auch dieser junge Mann gehen muss, wenn er keine Einsicht zeige.

Er hat dem Bericht zufolge über die Teilnehmer der Anti-Rechts-Demonstration "Würzburg ist bunt - nicht braun" am 1. Mai gesagt, ihnen gehöre "eine reingehauen" oder "eine in die Fresse gehauen". Die Kommission zufolge stehe diese Äußerung in einem so engen Zusammenhang mit dem antirassistischen Zweck der Demonstration, "dass sie in ihrer Aggressivität selbst als rassismusfreundlich und inakzeptabel gedeutet werden muss".

Entgegen erster Vorwürfe, die im Mai bekannt geworden waren, nachdem sich der Haussprecher zunächst intern an den Regens gewandt hatte, lasse sich nicht nachweisen, dass einige Seminaristen Hitlers Geburtstag gefeiert hätten, sagte Baumann. Ebensowenig, dass im Bierkeller rechtsradikale Musik gespielt worden sei - wiederholt allerdings der Badenweiler Marsch, "im Wissen, dass es sich dabei um Hitlers Lieblingsmarsch handelte".

14-mal tagte die ehrenamtlich tätige Kommission, insgesamt mehr als 90 Stunden lang, und befragte 28 Personen, darunter alle Seminaristen. Der 204 Seiten dicke Bericht ging am Mittwoch auch an die Staatsanwaltschaft Würzburg, die strafrechtliche Konsequenzen prüfen will.

Die beiden Bischöfe, denen Baumann einen vorbehaltlosen Aufklärungswillen bescheinigte, kündigten an, die Priesterausbildung stärker profilieren zu wollen. Es brauche intensive Bemühungen, das Bewusstsein für die besonderen Beziehungen zwischen Juden und Christen zu verstärken, sagte Hofmann. Es gehe in der Ausbildung um menschliche Reife, theologische Bildung und pastorale Befähigung.

"Extremistische Tendenzen haben in diesem Konzept keinen Platz", sagte Hofmann. Auch Schick betonte, dass Antisemitismus in der Kirche keinen Platz habe. "Jede Form von Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Extremismus ist mit dem Christentum nicht vereinbar."

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SZ vom 01.08.2013
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