Kumulieren und panaschieren:Was Sie zur Kommunalwahl wissen müssen

Bayerische Wähler bei der Bundestagswahl 2013 in Schleching

Bayern wählt: Etwa 39.000 kommunale Mandatsträger werden am Sonntag neu bestimmt.

(Foto: dpa)

Es ist ein Kreuz: Heute dürfen die Bürger in fast 2000 Gemeinden in Bayern kumulieren und panaschieren. Keine Abstimmung bietet so viele Möglichkeiten wie die Kommunalwahl - doch das macht die Angelegenheit ziemlich kompliziert. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Anna Fischhaber und Katja Riedel

Dieter Reiter oder Josef Schmid? Nicht nur in München wird es spannend: Alle sechs Jahre finden in Bayern Kommunalwahlen statt. Am Sonntag, 16. März, ist es wieder soweit. Von acht Uhr bis 18 Uhr haben die Wahllokale geöffnet - dann werden etwa 39.000 kommunale Mandatsträger neu bestimmt. Bis zu 80 Stimmen gilt es zu verteilen. Das bedeutet für die Wähler im Freistaat allerdings nicht nur, dass sie viele Möglichkeiten haben, die Kommunalwahl mit ihren großen Stimmzetteln ist eine echte Herausforderung.

Wer wird gewählt?

Kommunalpolitiker kümmern sich zum Beispiel um die Ortsentwicklung, um Trinkwasser, Strom und Gas, sie sind zuständig für Straßen und Plätze und errichten Schwimmbäder, Sporthallen und Büchereien. Insgesamt gibt es in Bayern 71 Landkreise und 2056 Gemeinden, davon 25 kreisfreie Städte.

In 19 dieser 25 Städte wird nun der Oberbürgermeister neu gewählt - beispielsweise in Nürnberg, Passau, Regensburg und Augsburg. Wo es spannend wird, lesen Sie hier. Eine Überraschung könnte es auch in der traditionell sozialdemokratisch regierten Landeshauptstadt München geben, wo der SPD-Kandidat Dieter Reiter laut Umfragen nur knapp vor CSU-Herausforderer Josef Schmid liegt. Insgesamt kandidieren hier zwölf Kandidaten.

Zudem werden Stadträte und Bezirksausschüsse neu gewählt. 58 Landräte und die Kreisräte - von Cham bis Starnberg - müssen außerdem von den bayerischen Wählern bestimmt werden - so auch in Miesbach, wo es am Wahltag skurrile Ergebnisse geben könnte. Der von Affären gebeutelte CSU-Landrat Kreidl ist zwar zurückgetreten, steht aber weiter auf dem Stimmzettel. Zudem werden auf dem Land Gemeinderäte gewählt.

Wer darf wählen?

Anders als bei der Land- und Bundestagswahl dürfen nicht nur deutsche Staatsbürger, sondern alle EU-Staatsbürger ab 18 bei der Kommunalwahl mitbestimmen, wenn sie seit mindestens zwei Monaten (bisher waren es drei) ihren Lebensmittelpunkt im Wahlkreis haben.

Eine Lockerung gab es auch bei den Kandidaten: Nicht mehr sechs, sondern nur drei Monate müssen sie eine Wohnung in ihrem Wahlkreis haben. Zudem können Landräte und Bürgermeister diesmal schon ab 18 Jahren kandidieren. Hauptamtliche Bürgermeister und Landräte dürfen allerdings zu Beginn ihrer Amtszeit nicht älter als 65 Jahre sein. Deshalb muss auch Münchens Oberbürgermeister Christian Ude - ob er will oder nicht - nach mehr als zwei Jahrzehnten im Rathaus aufhören.

Kumulieren und panaschieren

Wie wird gewählt?

In München gibt es drei Zettel: einen grünen für den Stadtrat, einen gelben für die Oberbürgermeister-Kandidaten und einen grauen für die Bezirksausschüsse. Anderswo in Bayern gibt es auch noch einen Zettel für die Landrats- und die Kreistagswahl, dort sind es bis zu vier Zettel.

Kommunalwahlen sind Persönlichkeitswahlen. Bei der Wahl des ersten Bürgermeisters, Oberbürgermeisters oder Landrats darf jeder Wähler nur ein Kreuz machen. Bei Gemeinde-, Stadt- und Kreisräten und dem Bezirksausschuss hat jeder Wähler grundsätzlich so viele Stimmen, wie es Mandate gibt. Das wiederum hängt von der Einwohnerzahl ab. In München etwa sitzen im Stadtrat 80 Mitglieder. Insgesamt 14 Parteien und Wählergruppen sind hier zugelassen und zumindest die großen schicken auch 80 Kandidaten ins Rennen. In kleineren Gemeinden haben die Wähler nur acht Stimmen.

Wer es einfach haben will, wählt einfach über das Listenkreuz eine komplette Liste, aber nur eine, dann werden die Stimmen in der darin aufgeführten Reihenfolge auf alle Kandidaten verteilt. Einzelne Kandidaten können auch gestrichen werden, die übrig bleibenden Stimmen kann der Wähler an Kandidaten anderer Parteien verteilen oder verfallen lassen. Statt eine komplette Liste oder Partei anzukreuzen, kann der Wähler aber auch gezielt für verschiedene Kandidaten abstimmen und sich sein Wunschparlament so selbst zusammenstellen.

Wenn er seine Stimmen auf Bewerber der Listen verschiedener Parteien verteilt, nennt man das Panaschieren. Oder er gibt einem Bewerber bis zu drei Stimmen - das heißt dann Kumulieren. Wer einen bestimmten Kandidaten besonders unterstützen möchte, kreuzt dessen Namen nicht einfach an, sondern schreibt eine "2" oder "3" davor. Als vierte Möglichkeit bleibt, ein Listenkreuz mit Panaschieren oder Kumulieren zu kombinieren. Aber Achtung: Zu wenige Stimmen abzugeben, ist kein Problem, der Wahlzettel bleibt trotzdem gültig, die ungenutzten Stimmen verfallen. Sie dürfen aber nicht mehr als die vorgegebene Stimmenzahl vergeben - dann wird der Wahlzettel ungültig. Ein zusätzliches Listenkreuz wirkt sich nur aus, wenn die Höchststimmzahl nicht ausgeschöpft wurde.

Wie werden die Stimmen ausgezählt?

Bei der Auszählung werden zunächst alle Stimmen aller Kandidaten auf einer Liste zusammengerechnet. Den jeweiligen Parteien oder Wählergruppierungen werden nach diesen Anteilen dann die Sitze zugeteilt. Welche Kandidaten sie einnehmen dürfen, entscheidet sich danach, wer wie viele Stimmen erhalten hat. Bekommt also Partei A in München 15 Stadtratssitze, so sind die 15 A-Kandidaten mit den meisten Stimmen vom 1. Mai an Stadträte.

Anders als bei der Land- und Bundestagswahl gibt es bei der Kommunalwahl keine Fünf-Prozent-Hürde - kleine Parteien haben es also leichter einen Sitz in einem Stadt- oder Gemeinderat zu ergattern. Ausgezählt wird diesmal zudem erstmals nach dem Hare-Niemeyer-System. Zuvor wurde d'Hondt verwendet, das kleine Parteien benachteiligt.

Gewählt als erster Bürgermeister, Oberbürgermeister oder Landrat ist, wer mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen bekommt - also die absolute Mehrheit. Wenn keiner der Kandidaten die nötige Stimmzahl erreicht, kommt es zur Stichwahl zwischen den zwei erfolgreichsten Kandidaten. Termin dafür ist zwei Wochen nach dem Wahltag, also am Sonntag, 30. März.

In München etwa könnte es durchaus spannend werden: Während die SPD ihren Mann Dieter Reiter klar vorn sieht und Parteichef Hans-Ulrich Pfaffmann sogar glaubt, dass eine Stichwahl vermeidbar ist, spricht die CSU von einem Kopf-an-Kopf-Rennen. "Wir gehen von einer Stichwahl aus", sagt CSU-Chef Ludwig Spaenle.

Linktipps:

http://www.innenministerium.bayern.de/med/aktuell/archiv/2014/20140124kommunalwahl/index.php

http://www.km.bayern.de/epaper/LZ/Kommunalwahl_Leichte_Sprache/files/assets/basic-html/page1.html

www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Kreisverwaltungsreferat/Wahlen-und-Abstimmungen/Probestimmzettel.html

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