Kulturpolitik:233 000 Euro Monatsmiete

  • Der Freistaat Bayern wird für die neue Zweigstelle des Deutschen Museums 2,8 Millionen Euro Jahresmiete und Betriebskosten zahlen.
  • Abgeordnete kritisieren die hohen Kosten. Sie hätten bisher nicht davon erfahren.
  • Im Landtag warf das die Frage auf, ob der Freistaat das Museum nicht besser selbst hätte errichten sollen.

Von Claudia Henzler, Lisa Schnell und Wolfgang Wittl

Um die geplante Zweigstelle des Deutschen Museums in Nürnberg ist ein heftiger Streit entbrannt. In der Kritik stehen vor allem die Kosten von fast 100 Millionen Euro in den nächsten 25 Jahren. Der frühere Kunstminister Thomas Goppel (CSU) wirft aber auch die grundsätzliche Frage auf, ob Nürnberg bevorzugt werde. "Im Moment geht es um eine Nachholjagd", sagte er. Jetzt sei man der Meinung, Nürnberg müsse gefördert werden: Am Montag ein Museum, am Dienstag eine neue Universität, wer wisse schon, was am Mittwoch komme. Bayern aber sei groß. "Da wird nicht ausgeglichen, sondern jemand hochgepusht", sagte Goppel.

2,8 Millionen Euro jährliche Miete inklusive Betriebskosten wird der Freistaat einem privaten Investor für 5500 Quadratmeter im Zentrum der Altstadt zahlen - indirekt jedenfalls, denn Mieter ist das Deutsche Museum, das die Mietkosten aus dem Staatshaushalt überwiesen bekommt. Auf die 25 Jahre gerechnet, über die der Vertrag läuft, summiert sich das auf 70 Millionen Euro. Hinzu kommen weitere 28 Millionen Euro für Investitionen, die zum Aufbau des Museums notwendig sind. Im Landtag warf das die Frage auf, ob der Freistaat das Museum nicht besser selbst hätte errichten sollen. Zumal gerade für knapp 70 Millionen Euro in Regensburg das staatliche Museum der Bayerischen Geschichte gebaut wird, das eine ähnliche Nutzfläche haben wird wie das Nürnberger Projekt.

Das Finanzministerium weist entsprechende Überlegungen zurück. Aus rechtlichen Gründen könne der Freistaat keine Immobilie bauen oder kaufen und dann einem Dritten unentgeltlich zur Verfügung stellen. Der SPD-Abgeordnete Harald Güller (SPD), Mitglied des Finanzausschusses, sagte, dass es sich das Ministerium da zu leicht mache: "Wenn man selber bauen hätte wollen, dann hätte man schon eine Lösung finden können."

Seine Fraktionskollegin Isabell Zacharias kritisiert die Standortwahl. Sie bedaure, dass "die großartige Industriearchitektur" der früheren Gebäude von Quelle und AEG nicht ausgiebiger als Standorte geprüft worden seien. Zacharias kritisiert auch, dass Geld an einen privaten Investor fließe, der mit der Nürnberger CSU-Kulturreferentin verheiratet sei. Markus Söders Heimatministerium, das mit dem Deutschen Museum eine Finanzierungsvereinbarung für das Projekt abgeschlossen hat, verweist in dieser Sache in Richtung Museumsinsel München: "Der Mietvertrag wurde durch das Deutsche Museum abgeschlossen", heißt es in einer Stellungnahme. Das Deutsche Museum habe "viele Standorte" über einen längeren Zeitraum geprüft und "den Standort letztlich selbst ausgewählt".

Allerdings ging die Initiative hierzu von der Staatsregierung aus. Museumsleiter Wolfgang Heckl wurde von ihr gefragt, ob er nicht eine Zweigstelle eröffnen wolle. Es war Finanzminister Markus Söder (CSU), der sich stets als der Vater der Idee präsentierte, das Museum in den geplanten Wohn- und Gewerbekomplex zu integrieren. Außerdem ist klar: "Die Finanzierung der gesamten Maßnahme erfolgt bis auf weiteres durch den Freistaat Bayern." So wurde es am Mittwoch im Landtag berichtet.

Weil die ganze Sache also doch nicht allein eine Angelegenheit des Museums ist, teilte das Finanzministerium auch mit: "In Anbetracht der Größe, der Lage und der speziellen Anforderungen an die Immobilie wurde der Mietpreis durch die Immobilien Freistaat Bayern als schlüssig eingestuft." Söder sagte dazu: "Das Verfahren war wie immer sehr ordentlich und transparent." Das empfinden viele Abgeordnete anders.

Bisher war nur von Investitionskosten die Rede

Die Staatsregierung hatte im Juni zwar zur Unterzeichnung des Mietvertrags eine Pressemitteilung verschickt - in der war aber nur von Investitionskosten die Rede. Michael Piazolo (Freien Wähler) kann nicht verstehen, dass die Abgeordneten erst jetzt von der hohen Miete erfahren haben. Dem Ausschuss waren die Zahlen erst auf Antrag der SPD vorgelegt worden. Dabei habe es aus dem Ausschuss mehrere Anfragen zur Finanzierung gegeben, sagte Verena Osgyan von den Grünen. Von den Mietkosten sei nie berichtet worden. "Da wurden bewusst Nebelkerzen geworfen."

Aus Sicht des Vermieters hätte eine offensive Informationspolitik nicht geschadet. "Das kann man ja völlig offen kommunizieren", sagte Gerd Schmelzer, Chef der Alpha-Gruppe, zum Thema Miete. Deren Höhe sei reell und nachvollziehbar, er hätte auch mehr verdienen können, wenn er Eigentumswohnungen gebaut hätte. Weiter sagte Schmelzer, man müsse bedenken, dass es sich um einen Spezialbau handle: "Wir haben ein komplettes Stockwerk rausfallen lassen zugunsten des Museums."

Raumhöhen, breite Treppen, Klimatechnik, Gasleitungen für Labore - das Innenleben sei der Museumskonzeption angepasst worden. Mehr als ein Jahr habe der gemeinsame Planungsprozess gedauert. "So ein Spezialobjekt kann man nicht für zehn Jahre hinbauen", sagte Schmelzer. Und Heckl ergänzte: "So etwas können Sie nicht einfach in ein bestehendes Gebäude integrieren." Der Standort im Zentrum sei ideal. "Wir sind das berühmteste Museum Deutschlands. Wir wollen nicht irgendwo im Hinterhof sein."

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