Kritik nach Islam-Äußerung:"Seehofer hat eine Mauer hochgezogen"

Kritik nach Islam-Äußerung: Die CSU war für Adil Zaher immer die Heimat-Partei.

Die CSU war für Adil Zaher immer die Heimat-Partei.

(Foto: privat)

Der Bayreuther Adil Zaher kam als Flüchtling nach Deutschland und engagiert sich seit Jahren in der CSU. Nach den Äußerungen des neuen Innenministers zum Islam hat er beschlossen, aus der Partei auszutreten.

Interview von Olaf Przybilla, Bayreuth

Adil Zaher, 43, ist vor 20 Jahren als Flüchtling aus dem Irak nach Deutschland gekommen, seit 17 Jahren ist er deutscher Staatsbürger. Vor Jahren ist der diplomierte Politikwissenschaftler und Unternehmer in die CSU eingetreten. Nach Horst Seehofers Satz "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" hat er beschlossen, aus der Partei auszutreten.

SZ: Herr Zaher, was hatte Sie einst bewogen, in die CSU einzutreten?

Adil Zaher: Die CSU war für mich immer die Heimat-Partei. Ich wollte als Muslim in eine christliche Partei eintreten, um zu zeigen, was alles möglich ist, wenn Muslime und Christen zusammenarbeiten. Ich hatte einfach Lust, mich für diese Partei, für meine CSU, zu engagieren. Ich habe sehr gute Freunde gefunden in dieser Partei.

Und jetzt?

Ich kann es nicht anders sagen: Diese Aussage von Herrn Seehofer hat mich persönlich tief verletzt. Es tut mir wirklich leid: Er hat da einfach nicht korrekt formuliert.

Was genau verletzt Sie?

Schauen Sie: Meine Kinder sind hier geboren. Deutschland ist ihr Land und es ist mein Land. Deutschland ist unsere Heimat. Ich lebe hier, ich war bei der Bundeswehr, ich zahle hier Steuern und habe hier mein Unternehmen gegründet: ein Übersetzungsbüro mit bundesweit 60 Mitarbeitern, von Osnabrück bis München. Ich frage mich: Was hat dieses Seehofer-Wort gebracht? Und was bedeutet es für mich?

Seehofer will offenbar zwischen Islam und Muslimen unterschieden wissen.

Mag sein. Aber das Thema war doch schon durch, längst eingeschlafen. Für mich ist der Mensch wichtig, nicht seine Religion. Einen Menschen auf die Religion zu reduzieren, finde ich nicht korrekt. Ehrlich gesagt habe ich zunächst auf Facebook gelesen, dass Seehofer das gesagt haben soll. Ich habe mir das Interview besorgt, weil ich's einfach nicht glauben konnte. Aber da stand es tatsächlich, schwarz auf weiß. Das hat mich tief enttäuscht. Seitdem bin ich als CSU-Mitglied durch Bayreuth gelaufen und ständig angesprochen worden: Und? Gehörst Du eigentlich dazu? Und gehören wir dazu? Was soll ich denn da antworten?

Ja, was?

Das weiß ich eben nicht! Es ist doch völlig klar, dass sich Menschen in Deutschland integrieren müssen. Nur wie soll denn das gehen, wenn sie gar nicht dazugehören? Diese Aussage von Seehofer treibt einen Keil zwischen die Menschen. Seehofer hat eine Mauer hochgezogen. Und es ist ganz klar: Wenn der CSU-Chef so etwas sagen darf, dann trauen sich andere natürlich auch, Ähnliches zu sagen. Das ist eine Spirale.

Schlechte Aussichten.

Was mich so ärgert: Diese Aussage von Seehofer ändert ja an den Tatsachen nichts. Wir sind hier, wir bleiben hier. Glauben Sie mir: Das hier ist mein Land. Ich würde es immer verteidigen. Ich wäre der Erste, der für dessen Werte eintritt und kämpft. Und so bringe ich das auch meinen Kindern bei. Ich bin ein Patriot. Nichts gegen meinen Nachbarn Jürgen - aber ich bin sicher, dass ich ein glühenderer Patriot bin als er.

In der CSU wird argumentiert: Aber die Scharia, das Frauenbild im Islam ...

... Verzeihen Sie: Das ist genau der Punkt. Ich bin natürlich gegen die Scharia in Deutschland. Ich bin für europäische Werte, dazu gehört auch das Geschlechterverhältnis. Aber da muss man eben detailliert argumentieren. Was ist gemeint? Was will man sagen? Seehofers Satz ist pauschal. Da fühlt man sich wie ein Ausgestoßener.

Wenn Sie Horst Seehofer auf der Straße treffen würden, was würden Sie tun?

Ihn freundlich begrüßen. Das ist ein netter Mann, ich habe ihn mal bei den Bayreuther Festspielen getroffen. Ehrlich gesagt: Ich empfinde die CSU insgeheim immer noch als meine Partei. Das ist meine Heimat. Eigentlich.

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