Kritik am CSU-Chef:Seehofers Autorität verfällt

Der Rücktritt von Staatssekretär Weiß öffnet die Schleusen für interne Kritik an CSU-Chef Horst Seehofer. Davon profitiert vor allem die Kanzlerin.

Annette Ramelsberger

Ein Staatssekretär ist zurückgetreten, noch dazu ein reichlich unbekannter. Das sollte für eine stabile Regierung keine allzu große Erschütterung sein. Doch der Rücktritt des bayerischen Staatssekretärs Bernd Weiß hat eine Schleuse geöffnet, die fast ein Jahr lang blockiert war: Aus Angst davor, die CSU zu schwächen, haben Minister und Abgeordnete geschwiegen, obwohl ihnen die Kapriolen ihres Chefs Horst Seehofer oft reichlich absurd erschienen. Alle haben brav gewartet, ob der bayerische Ministerpräsident vielleicht doch die kühne Pirouette schafft, aus tausend Versprechungen eine verlässliche Politik zu machen.

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Seine Kapriolen werden vielen in der Partei zu viel: CSU-Chef Horst Seehofer

(Foto: Foto: ddp)

Er schaffte es nicht. Bei der Bundestagswahl hat die CSU ihr bislang schlechtestes Ergebnis erzielt. Die Kritik an Seehofer bricht sich nun Bahn. Es geht nicht nur um die Umgangsformen des Regierungschefs, der seinen Kollegen mit Rauswurf droht, selbst wenn sie mit gutem Grund die Kabinettsitzung früher verlassen. Die Kritik geht tiefer.

Unter Seehofer ist die CSU zu einem Verein des Wankelmuts geworden, zu einem Fähnchen im Wind. Der Staatssekretär ist zurückgetreten, weil Seehofer einen mühselig ausgehandelten Kompromiss zum Digitalfunk einfach so platzen ließ. Das ist nur eine von vielen Volten der bayerischen Regierung. Nicht nur CSU-Granden sehen die Glaubwürdigkeit der Partei durch diese Hopplahopp-Politik angekratzt. Auch wenn die CSU am Mittwoch die Analyse der Wahl noch einmal vertagte, der Chef wird nun kritisiert, obwohl er in Berlin gerade die Koalitionsverhandlungen führt - das wäre früher undenkbar gewesen. Seehofer muss in Berlin den starken Mann markieren, der er zu Hause nicht mehr ist. Die Kanzlerin hat leichtes Spiel.

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