Krieg der Sterne:Hier trainiert die einzige Jedi-Academy Deutschlands

Krieg der Sterne: Leiten die Jedi Academy: Fabian, Larissa und Günther Engl.

Leiten die Jedi Academy: Fabian, Larissa und Günther Engl.

(Foto: Maximilian Gerl)

In den Star-Wars-Filmen wird herumgewirbelt, als ob es nichts Leichteres gäbe. Bei der Lichtschwertkampfschule in Cham dagegen steckt hinter jedem Schlag harte Arbeit.

Von Maximilian Gerl, Cham

Das Zentrum der Macht liegt in einer Schulturnhalle. Das Gebäude steht auf einer Anhöhe, unten trainieren Fußballer, oben Jedi. Zwei Welten, ein Ziel: besser werden. Sieben Kämpfer sind es an diesem Samstag, laut krachen ihre Schwerter aufeinander. Wären sie echt, manch Duellant wäre schon in der Mitte durchgesäbelt. Günther Engl wirkt zufrieden. Dieses Hobby, hatte er zuvor angekündigt, sei "exotisch", aber faszinierend. Jetzt sagt er: "Wir sind die Einzigen - und das im hintersten Winkel Bayerns".

Tatsächlich ist ziemlich einzigartig, was jedes Wochenende in Cham passiert. Hier trainiert die Jedi Academy, die einzige offiziell registrierte Lichtschwertkampfschule Deutschlands. Derzeit hat sie 17 Schüler, der älteste ist 31, der jüngste zwölf Jahre alt. Die besten treten als Kampftruppe auf Festivals auf.

Zur Erinnerung: Lichtschwerter, das sind diese bunten Laser-Klingen aus Star Wars. Unter dem Namen erschienen ursprünglich Filme, für die der Begriff des Weltraum-Märchens erfunden wurde; inzwischen ist daraus ein ganzes Universum entstanden, mit Computerspielen, Spielzeug, Büchern und einer lebendigen Fanszene.

In Star Wars dreht sich alles um den Kampf Gut gegen Böse. Die guten Jedi-Ritter vertrauen dabei auf Lichtschwerter und die "Macht", die ihnen schnelle Reflexe und telekinetische Kräfte verleiht. In Cham dagegen sind die Schwerter aus Plastik. Es geht nicht um Selbstverteidigung, sondern um Koordination, Rhythmusgefühl, Theatralik und Spaß an Schaukämpfen.

Die Leitung der Jedi-Schule ist Familiensache. Günther Engl fungiert als Organisator und Lichtschwertbauer. Sohn Fabian, 21, ist der erfahrenste Kämpfer, er entwickelt Übungen und schreibt Choreografien für die Veranstaltungen. Tochter Larissa, 18, unterrichtet. Im Trainingsalltag ist die Rollentrennung aufgelöst, da schreit Günther Engl schon mal dazwischen. Auch Fabian Engl schaltet sich regelmäßig ein, gibt den Kombattanten Tipps. Vornübergebeugt, die Arme auf die Knie gestützt, verfolgt er einen Schlagabtausch. Seine Schwester teilt derweil harte Schläge gegen einen Sparringspartner aus.

In den Filmen wirbeln die Jedi herum, als ob es nichts Leichteres gäbe, springen über Abgründe oder viele Meter hoch. In Cham steckt hinter jedem Schlag harte Arbeit. Ohne Fleiß und Disziplin kein Vorankommen. Wie sehr sich Fiktion und Wirklichkeit unterscheiden, lässt sich gut an einer Übung namens "Alle meine Entchen" beobachten. Fabian Engl hat sie so getauft, weil der Rhythmus der Lichtschwertschläge dem des Kinderlieds entspricht. Das Ziel der Übung: Die Schüler treiben sich abwechselnd durch die Halle. Jeder Schlag wird ein wenig höher angesetzt als der vorausgegangene. Kraft oder Geschwindigkeit sind zunächst nicht entscheidend, Takthalten und Präzision umso mehr. Erst wenn die Schlagfolge passt, sollen die Schüler schneller werden.

Fabian Engl war früher in einer anderen Star-Wars-Gruppe aktiv. 2014 beschloss er, eine eigene Truppe zu gründen - die Geburtsstunde der Akademie. Die Skripte zu den Übungseinheiten hat Engl selbst zusammengestellt, es gibt kein offizielles Lehrbuch. "Wie der Lichtschwertkampf wirklich funktioniert, zeigen die Filme nicht ", sagt er. Dort wirke das Ganze vor allem wegen der schnellen Schnitte so dynamisch. Also recherchierte Engl unter anderem, an welchen Kampfsportarten sich die Film-Stuntmen orientiert hatten. Daraus leitete er dann seine Kampftechniken ab.

Die Chamer sind als einzige bei Disney gemeldet

Die Jedi Academy tritt vor allem auf Fantasy- und Comic-Messen auf, so wie neulich im österreichischen Wels. Günther Engl hat mit dem Handy mitgefilmt. In teils selbstgeschneiderten Jedi-Roben gehen die Chamer aufeinander los, die Lichtschwerter blitzen, das Publikum staunt. Das Tempo ist hoch. In der etwa viertelstündigen Show dreht sich alles um ein Geschwisterpaar: Sowohl die Jedi als auch ihre Gegenspieler, die Sith, wollen sie für ihre Zwecke einspannen.

Der Lichtschwertkampf ist ein aufwendiges Vergnügen, vor allem für die Familie Engl, an der die meiste Arbeit hängen bleibt. Mit den Auftritten verdienten sie kein Geld, sagt Günther Engl, "alles ehrenamtlich, alles gemeinnützig". Von den Veranstaltern der Conventions bekämen sie bestenfalls ein Hotelzimmer oder die Fahrtkosten bezahlt. Engl arbeitet als Hausmeister an einer Schule. Nach Feierabend sitzt er manchmal länger an der Werkbank und schraubt an den Lichtschwertern.

Regelmäßig gehen sie kaputt, sei es durch Verschleiß oder die Schläge. Die Teile besorgt Engl übers Internet, die Griffe, Leuchtdioden, Plastikröhren. Als "so richtigen" Star-Wars-Fan bezeichnet er sich nicht: "Mich fasziniert vor allem der Lichtschwertkampf." Dass er sein Hobby mit seinen Kindern teilen könne, sehe er als Geschenk. "Ist doch toll, wenn die mit mir was unternehmen wollen."

Star Wars ist längst mehr als eine Filmreihe, das zeigt auch die Jedi Academy. 1977 erschien der erste Streifen. Seitdem wurden nach Branchenschätzungen etwa 30 Milliarden Euro mit der Marke umgesetzt; direkt an den Kinokassen sowie über Merchandise und Lizenzen. In Deutschland gibt es eine Vielzahl Gruppen und Kampfsportstudios, die sich mehr oder minder professionell mit dem Lichtschwertkampf beschäftigen.

Die Chamer sind als einzige bei Disney gemeldet, dem Markeninhaber. Jedes Jahr schickt Günther Engl eine Liste an den Konzern zum Absegnen der geplanten Auftritte. So seien sie auf der sicheren Seite, sagt er: Eine US-Kampfschule sei verklagt worden, weil sie ohne eine Erlaubnis Lichtschwertunterricht gab und Jedi-Zertifikate ausstellte.

In Cham neigt sich das Training dem Ende zu. Die Lichtschwerter liegen in der Ecke, die Schüler albern. Vorgetäuschte Tritte, theatralische Stürze. Auch das Fallen wird gelehrt, dazu ein wenig Schauspiel - was eben nötig ist, damit der Kampf echt wirkt. Günther Engl sagt, er habe schon alle möglichen Reaktionen auf sein Hobby erlebt: Die einen fänden es super, die anderen verrückt. Engl zuckt kaum merklich mit den Schultern. "Man gewöhnt sich daran, belächelt zu werden."

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