Süddeutsche Zeitung

Krebserregende Stoffe:Für die Coburger Bratwurst wird's brenzlig

Droht der traditionellen Coburger Bratwurst das Aus? Das Landesamt für Lebensmittelsicherheit hat drei "auf traditionelle Weise gebratene" Würste sichergestellt - und krebserregende Stoffe darin gefunden. Schuld daran könnte die spezielle Grillmethode sein.

Von Olaf Przybilla, Coburg

Jenseits von Nordbayern hält sich ja der Irrglaube, dass Produkte aus Nürnberg den ultimativen Höhepunkt fränkischer Bratwurstkunst darstellen. In Franken dagegen halten viele die Bratwurst aus Coburg für den eigentlichen Marktführer, zumindest was den urig-wurstigen Geschmack betrifft. Seit Jahrhunderten über Kiefernzapfen gebrutzelt, entwickeln diese Würste ein besonderes Aroma, rösch, harzig, wunderbar fettig.

Aber diese sehr eigene Zubreitungsart könnte die Coburger Sonderwurst nun in ihrer Existenz bedrohen. Denn Lebensmittelkontrolleure haben drei Würste sichergestellt, die einen Grenzwert deutlich überschreiten. Es handelt sich um polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAK. Und dieses PAK entsteht exakt beim Braten über offenem Feuer, wenn das Fett in die Flammen tropft. Es soll krebserregend sein.

Wer einmal den Wurstbratern auf dem Coburger Marktplatz bei der Arbeit zugeschaut hat, und das ist auf diesem Platz gar nicht anders möglich, wer also die Würste über offenem Feuer hat brutzeln sehen, der ahnt, warum die Flammen nun sehr hoch schlagen in Coburg. Ein bisschen hat das auch einen EU-kritischen Unterton so kurz vor der Wahl, weil die EU es ist, die neuerdings nicht nur für Rauchwaren, sondern auch für Grillgut die Grenzwerte festlegt.

Dass das Landesamt für Lebensmittelsicherheit nun drei "auf traditionelle Weise gebratene" Würste sichergestellt hat, die "zum Teil erhebliche Grenzüberschreitungen" aufgewiesen haben, wurde den Coburger Stadträten zunächst in nicht-öffentlicher Sitzung mitgeteilt. Ein ähnliches Symbol wie die Wurst hat die Stadt nicht, als Identitätsobjekt ist sie höchstens noch vergleichbar mit der Veste und einem örtlichen Versicherungsunternehmen. Von einem "Thema von enormer Tragweite" spricht Stadtsprecher Michael Selzer.

Zwar sehen die Coburger vorerst nicht ihre Wurst als Ganzes in Gefahr, aber eben doch die spezielle Brattechnik: über Kiefernzapfen oder Buchenholz. Eine Alternative wäre es womöglich, über Hartholz zu brutzeln. Oder gar Alu-Schalen zu verwenden, um das Fett abzufangen? So weit ist es noch nicht: Erst mal hat die Staatsanwaltschaft nun weitere Würste sichergestellt. Neue Prüfergebnisse sollen in der nächsten Woche vorliegen.

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SZ vom 24.05.2014/infu
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