Süddeutsche Zeitung

Kratzers Wortschatz:Zipfeklatscher und sonstige Helden

Was der Titel eines bayerischen Heimatkrimis mit einem spanischen Vulgär-Ausdruck zu tun hat

Zipfeklatscher

Vorige Woche hat sich diese Kolumne mit den Steilwandfahrern befasst, die sich "mit Karacho" in die Kurve legen. Ein Leser mahnte uns daraufhin, mit dem Wort Karacho vorsichtig umzugehen. Es komme aus dem Spanischen (carajo) und sei eine vulgäre Bezeichnung für das männliche Glied. Auch im Bairischen gibt es für das Gemächt eine Vielzahl von Benennungen, nicht alle sind zitierbar. Allgemein geduldet sind die Wörter Zipfel (Zipfe) und die Erweiterung Zipfeklatscher. Die Kabarettistin Monika Gruber erwähnt in einem Sketch den Herrn Dödelmann, einen Zipfeklatscher im Landratsamt. Die Autorin Heidi Hohner hat sogar einem ihrer Heimatkrimis den Titel "Zipfelklatscher" verpasst. Zuletzt sagte Maximilian Brückner in Gerhard Polts Kinofilm "Und Äktschn" zu einem Türsteher: "Du Zipfeklatscher!" Ein Zipfeklatscher ist ein Idiot, ein einfältiger Mensch. Die deutsche Szenesprache kennt das Wort Pimmelklatsche als Synonym für Ohrfeige. Der Zipfel ist in der derb-erotischen Literatur allgegenwärtig, sehr beliebt ist der Bierzeltschlager "Zipfe eine, Zipfe ausse, aber heid geht's guat!"

Ankenten

Dem Forstminister Helmut Brunner obliegt die Aufgabe, vor der Gefahr von Waldbränden zu warnen. Vor wenigen Tagen hat er aber selbst ein gefährliches Feuer entfacht. In der öffentlichen Erörterung dieses Brandereignisses war mehrmals das alte Verb ankenten zu hören. "Da Brunner Helli hat sein Hoiz ankent", hieß es da, oder: "Wär gscheider gwesn, er hätt an Tabak in der Pfeifn ankent." Das Wort kommt einem bekannt vor aus Italien: "Accendere la luce" lautet dort die Regel für Autofahrer, die das Licht einschalten sollen. "Kent den Ofen an!", befahl einst die Oma, wenn es in der Stube zu kalt war. Vielleicht kommt ankenten aus dem Lateinischen, in dem das Verb accendere ebenfalls anzünden heißt. Im Falle Brunner würde das alte Bayerwaldwort vuiln noch besser passen. Es bedeutet: mit dem Feuer spielen. Der Minister hat gvuilt, obwohl er schon als Bub gelernt hat: "Messer, Schere, Feuer, Licht ist für Kinderhände nicht!"

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SZ vom 12.10.2015
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