Kratzers Wortschatz :Wenn Fußballtrainer die Wut packt

Ein Gfries ist eine Grimasse, wie sie besonders auf Sportplätzen häufig zu beobachten ist

Von Hans Kratzer

Luser

Das Bayerische Fernsehen wiederholt gerade die Serie "Löwengrube - Die Grandauers und ihre Zeit". In der vergangenen Folge ("Heimtücke") kam es zu einem interessanten Dialog zwischen Karl Grandauer (Jörg Hube) und seiner Frau Traudl (Christine Neubauer), deren Bruder Kurt von Nazi-Spitzeln denunziert und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Weil sie der Oma diese bittere Wahrheit ersparen wollen, unterhalten sich Karl und Traudl im Wohnzimmer bei Grammophonmusik, denn Karl befürchtet, die misstrauisch gewordene Oma horche an der Tür. Er sagt zu Traudl: "Ned, dass sie wieder ihre Luser aufstellt." Das mittlerweile fast ausgestorbene Wort Luser hängt mit dem Verbum lusen zusammen, einem Synonym für zuhören, lauschen, horchen. Ludwig Thomas berühmtes Stück "Heilige Nacht" beginnt so: "Jetzt, Leuteln, jetzt loosts amal zua!" Der BR-Sprecher Johannes Hitzelberger eröffnet Volksmusiksendungen heute noch mit dem Satz: "Daad mi gfrein, wenns wieder zualusn!" Lusen wurzelt im althochdeutschen hlosen (lauschen). Luser sind dementsprechend die Ohren. "Hör bitte zu!" heißt also auf Bairisch: "Stell (sperr) deine Luser auf!"

Gfries

Fußballtrainer verlieren leicht die Selbstbeherrschung, wie man der Sportschau jederzeit entnehmen kann. Kameraden wie Jürgen Klopp (FC Liverpool) und Christian Streich (SC Freiburg) geraten bisweilen dermaßen in Rage, dass sich ihre Gesichter zu Kampfhund-Grimassen verziehen, zu einem Gfries, wie es auf Bairisch heißt. Normalerweise ist das Gfries ein Stilmittel von Comedians, die gedankliche Blässe durch grenzdebile Mimik zu kaschieren versuchen. Aus etymologischer Sicht ist das Gfries mit der Fresse (Mund) verwandt. Einen Menschen, der ein Gfries aufsetzt, um andere zu provozieren, nannte man früher einen zahnerten Holzfuchs. Wer vor Millionen Zuschauern wegen einer Nebensache wie Fußball ausrastet und wutverzerrte Gfrieser schneidet, der ist eine arme Sau.

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