der Butter
Ein junger, aus dem Norden zugereister Akademiker hat sich in einer oberbayerischen Lokalzeitung über hiesige Sprachgewohnheiten lustig gemacht. Er bemühe sich sehr, den Bayern richtiges Sprechen beizubringen und lächerliche Genusfehler wie "der Butter" auszutreiben, erklärte er in wohlbestallter Überheblichkeit bei einer Umfrage des Blattes. Mit Blick auf das Beispiel Butter ist jeder sprachliche Überlegenheitsdünkel unangebracht.
In Abweichungen von der Standardsprache wie bei "der Butter" kommt vielmehr die grammatikalische Feinsinnigkeit des süddeutsch-österreichischen Kulturkreises zum Ausdruck, auch wenn die Duden-Redaktion auf "die Butter" beharrt.
"Für uns Süddeutsche ist's ein wahres Unglück, daß Butter, welcher früher männlich war und in Schwaben, Bayern, Österreich annoch ist, hinter unserm Rücken weiblich wurde", hat Ludwig Steub schon 1862 in seinen "Wanderungen im bayerischen Gebirge" geklagt. "Die Sennerin lacht sich zwar schief, wenn ein Norddeutscher "die gute Butter" lobt, aber was hilft uns das?"
Tatsache ist, dass das Wort Butter in den meisten Kultursprachen Europas maskulin ist. Die Franzosen sagen beispielsweise "le beurre" und die Italiener "il burro", was nichts anderes als "der Butter" heißt. Bei den alten Griechen war Butter (butyron) ein Neutrum, ebenso im Lateinischen (butyrum). Beim Übergang zu den romanischen Sprachen wurde das Wort mit dem männlichen Artikel versehen.
Auch die Bajuwaren übernahmen dieses Genus, das in Süddeutschland bis heute Bestand hat und sich - im Gegensatz zum deutschen Standard "die Butter" - nahtlos in den europäischen Sprachkontext einfügt.
Nachtrag:
SZ-Leser Wolfgang Thoma merkt über die in Bayern gebräuchliche maskuline Form "der Butter" an, der Neutrumplural butira, aufgefasst als Femininum, ergebe die Butter - analog zum Neutrumplural poma, -orum (Obst), das als Femininum zu (französisch) la pomme wird. Vermutlich wurde das bairische "der Butter" aus dem Ablativ der Nebenform buturum übernommen, glaubt Thoma, der so argumentiert: "Bekanntlich ist der vulgärlateinische Ablativ Ausgangspunkt für die neolateinischen Sprachen - im Italienischen wird numerus zu numero, animal zu animale, pars zu parte usw."