Süddeutsche Zeitung

Kratzers Wortschatz:Was Fußballernamen alles verraten

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László Kleinheisler rückte mit der ungarischen Nationalmannschaft ins Rampenlicht der Fußball-EM. Sein Name besaß früher weniger Renommee

Stranitzl

Mitarbeiter der Kultursendung Capriccio (Bayerisches Fernsehen) haben neulich Passanten auf der Straße gefragt, was denn ein Stranitzl sei. Das Ergebnis war ernüchternd. Obwohl fast alle Befragten mehr oder weniger Mundart sprachen, hat nur eine Dame dieses Wort gekannt, allen anderen war es fremd. Selbst so vertraut klingende Wörter wie Stranitzl verschwinden also lautlos und unbemerkt aus unserer Alltagssprache. Vor einigen Jahrzehnten hätte noch jedes Kind diesen Begriff gekannt - damals, als die Ware im Kramerladen noch nicht in chemisch müffelnde Plastiktaschen, sondern in braune Spitztüten eingepackt wurde. In den Häusln und Aborten fanden diese Stranitze(l)n in Zeiten ohne Toilettenpapier schließlich ihre finale Verwendung. In Niederbayern und in Österreich sagte man auch Stanitzel oder Staritzl, während im nördlichen Bayern Rogel das übliche Wort für die Papiertüte war.

Kleinhäusler

Bei der Fußball-Europameisterschaft (EM) sind neben den göttergleichen Superstars auch einige Spieler aus der zweiten Reihe ins Rampenlicht gerückt, etwa der ungarische Dauerläufer László Kleinheisler. Überdies trägt dieser einen interessanten Nachnamen. Geboren in der nordungarischen Industriestadt Kazincbarcika, steht Kleinheisler heute beim Bundesligisten Werder Bremen unter Vertrag, der ihn aber nur selten spielen lässt. Dafür brilliert er in der ungarischen Nationalelf. Seinem Namen nach zu urteilen dürfte Kleinheisler österreichische Vorfahren gehabt haben. Der Begriff Kleinhäusler war einst im bairischen Sprachraum, der ja auch weite Teile Österreichs umfasst, ein gängiger, wenn auch abwertend verwendeter Begriff. Ein Kleinhäusler besaß zwar ein Anwesen, bewirtschaftete aber keine Grundstücke. Am Stammtisch der Großbauern war für den Kleinhäusler kein Platz. Der Fußballer László Kleinheisler hat dem Namen bei der aktuellen EM indessen große Anerkennung verliehen. Der Spieler ist mittlerweile sogar eine Nummer zu groß für den Zweitligisten 1860 München, der zuletzt vergebens um ihn geworben hat.

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Quelle:
SZ vom 05.07.2016
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