Kratzers Wortschatz:Robbie Williams brachte die Herzen zum Pumpern

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Die "Oberösterreichischen Nachrichten" lassen beim Bericht über das Konzert des Popstars ein interessantes altes Wort aufleben. Das Verb pumpern beschreibt nicht nur das Pochen des Herzens, sondern auch höchst delikate Angelegenheiten

Pumpern

In den Oberösterreichischen Nachrichten war zu lesen, der Popstar Robbie Williams habe in Linz 9000 Fans restlos begeistert. Der Kulturredakteur des Blatts schmückte den Artikel überdies mit einer blumigen Überschrift: "Pop-Teufelchen Robbie Williams brachte die Herzen zum Pumpern". Da geht nun wiederum Sprachliebhabern das Herz auf, auch wenn sie das Konzert nicht erlebt haben. Durch ihre Attitüde, die Artikel gerne mit regionalen Begriffen zu würzen, liefern österreichische Zeitungen stets Anlass zur Freude. In diesem Fall handelt es sich um das nur noch selten gehörte Verb pumpern, das sich durch seine enorme Bedeutungsvielfalt auszeichnet.

Wenn das Herz heftig pocht, dann pumpert es. Das ist die Grundbedeutung. Ludwig Zehetner führt in seinem Bairisch-Wörterbuch interessante Belegstellen aus der hohen Literatur auf. Demnach gebrauchten dieses Verb zum Beispiel Oskar Maria Graf ("die Trommeln bumperten"), Marie-Luise Fleißer ("sie hat mein Pumpern gespürt") und Harald Grill ("war ganz deutlich ein Pumpern zu vernehmen").

Im Niederdeutschen wurde pumpern auch verwendet, um das Entweichen einer Darmblähung zu beschreiben, was ja auch sprachlich immer delikat ist. Das in diesem Sinne verwendete pumpern heißt im Norden heute pupen oder pupsen.

Pumperl

Befasst man sich mit dem Umfeld des Verbs pumpern, so stößt man unweigerlich auf das Thema Sexualität, das im Bairischen einen weit gefächerten Wortschatz hervorgebracht hat. Autoren wie Georg Queri haben damit ganze Lexika vollschrieben, um dann von der sittenstrengen Obrigkeit entsprechend kujoniert zu werden. Das Pumperl (Pumpel) kann das pochende Herz sein, wozu das Adjektiv pumperlgesund passt, es kann aber auch das weibliche Geschlechtsteil, die Vagina, gemeint sein. Das Verb pumpern nimmt in solchen Fällen die Bedeutung koitieren an, wofür sich in Wiener Volksliedern genügend Belege finden lassen. Würden wir diese hier zitieren, würden die Herzen mancher Leser wohl ziemlich pumpern.

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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