Kratzers Wortschatz:Rauschige Spritztour

Junge Volksfestgäste haben ein Fahrzeug aus dem Autoscooter gehoben und es unter dem Gejohle ihrer Freunde auf die Straße geschoben. Wer sich zu so etwas hinreißen lässt, den hat, so sagt man, der Hafer gestochen

Kolumne von Hans Kratzer

vom Hafer gestochen

Das Volksfest in Velden erfreut sich im Grenzland von Ober- und Niederbayern größter Popularität, was nicht zuletzt am süffigen Volksfestbier liegt. Diese Erfrischung hat allerdings, wenn man sie allzu üppig genießt, ihre Tücken. Dies zeigte sich auf spektakuläre Weise in der Nacht von Freitag auf Samstag. Vom Bier heftig berauscht, hoben übermütige Burschen einen Autoscooter aus einem Fahrgeschäft und schoben ihn auf der Straße in Richtung Ortsmitte. Ein Kamerad dokumentierte diese Tat feixend auf einem Video, das dann im Internet wie wild angeklickt wurde. Er bedachte nicht, dass die Täter auf dem Streifen gut zu erkennen sind, was wiederum die Vilsbiburger Polizei erfreute. Denn die hatte dank der Aufnahmen die Täter schnell identifiziert.

Im Hintergrund sind darüber hinaus weitere Burschen zu hören, wie sie ihre Freunde anstacheln. Die Gruppe war alkoholbedingt außer Rand und Band. Im Bairischen gibt es eine schöne Metapher, um diese rauschige Euphorie zu beschreiben. Die Burschen, so sagt man, hat der Haber (Hafer) gestochen, im Dialekt heißt es: die hat da Howan gstocha. Bei der Aktion wurde der Scooter sauber demoliert. Es gilt die Stammtischweisheit: "Wenn oan der Howan sticht, de ganze Gschicht hint ausse bricht!" Zu deutsch: Wenn einer übermütig wird, nimmt das selten ein gutes Ende.

Wo aber rührt diese Sentenz her? Der Heimatforscher Sigurd Gall hat eine einleuchtende Erklärung parat: Die Rosshändler haben früher den Pferden auf dem Rossmarkt, um sie feurig zu machen, Pfeffer in den Hintern gestreut. Statt des Pfeffers, so vermutet Gall, könnten die Händler auch Howankerndl (Haferkörner) verwendet haben. Die Rösser hat dann der Howan gstocha und sie wurden wild - wie die Burschen in Velden. Für die gibt es jetzt ein böses Erwachen. Sie müssen den Sachschaden begleichen, ein neuer Scooter kostet immerhin 6000 Euro. Für diese Summe hätten die Täter viele Volksfeste besuchen und sich dort viel Bier kaufen können - hätte sie nicht der Hafer gestochen.

dant

Margit Duenstl, die sich als alte Münchnerin bezeichnet, hat die Redaktion gefragt, ob der Begriff dant nehma bekannt sei. Manchmal hört man das Wort dant auf dem Fußballplatz: "Er hat den Ball dant gnomma!" Das heißt, er hat eine Flanke oder einen Pass direkt angenommen und geschossen, ohne den Ball zu stoppen. Dazu gehört eine gutes Ballgefühl. Beim Kartenspiel Watten kann man mit Glück einen Stich ohne Einsatz eines Trumpfes machen und sagen: Den hab ich jetzt dant gepackt (ohne Überlegung, ohne Aufwand). Zehetners Lexikon erwähnt überdies den Tant-Stich, einen billigen Stich mit einer gleichfarbigen wertlosen Spielkarte. Das Wort könnte vom italienischen tanto (viel) abgeleitet sein, vermutet Zehetner.

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