Kratzers Wortschatz:Prinz Charles hat Servus gesagt

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Der britische Thronfolger hat bei seinem Besuch in München ein populäres bayerisches Wort verwendet. Das ist ja kein Wunder, schließlich machten es Thomas Gottschalk und Franz Beckenbauer salonfähig

Kolumne von Hans Kratzer

Servus

Beim Abendempfang der Staatsregierung für Prinz Charles und Herzogin Camilla in der Münchner Residenz schmeichelte der britische Thronfolger den Gastgebern mit einer Charme-Offensive: "Servus" grüßte er im Tonfall eines bayerischen Ureinwohners. Servus dürfte eines der wenigen Wörter aus dem bayerisch-österreichischen Sprachkosmos sein, das Eingang in die künftige europäische Einheitssprache finden wird. Populär wurde das Grußwort schon vor vielen Jahren, als Fernsehstars wie Thomas Gottschalk und Franz Beckenbauer ein Millionenpublikum an den Bildschirmen mit Servus begrüßten. Dagegen ist nichts einzuwenden, es ist ja erfreulich, dass ein aus dem Dunstkreis der Antike stammender Begriff auf diese Weise weiterleben darf. Servus kommt aus dem Lateinischen, bedeutet gehorsamster Diener und ist wohl über den Wiener Hof nach Bayern gekommen. Der große bayerische Sprachforscher Johann Andreas Schmeller kannte Servus im 19. Jahrhundert noch nicht. In Bayern hat es sich vermutlich im Ersten Weltkrieg verbreitet, als die Abschiedsgrüße Adjes und Ade wegen ihres feindlichen französischen Ursprungs nicht mehr opportun waren und durch deutsche Begriffe ersetzt wurden. Auch in der Jugendsprache lebt Servus weiter, allerdings in der SMS-tauglichen Kurzform Seas.

Gamma

Als es noch kein Youtube und kein Internet gab, war das Lernen wesentlich komplizierter. In den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es immerhin die TV-Serie "Les Gammas", um seine Französischkenntnisse zu verfeinern. Es war ein etwas schräger Sprachkurs, eingebettet in die Abenteuer dreier Außerirdischer vom fiktiven Planeten Gamma, die in Frankreich notlanden mussten.

Überdies ist das Wort Gamma aus der Physik bekannt (Gammastrahlung), und nicht zuletzt scheint es im bairischen Sprachkosmos auf. Der Gamma ist derjenige, der den Bauernhof hüten muss, wenn die übrigen Bewohner in der Kirche weilen. Die Bedeutung des Worts erschließt sich über das schon im Althochdeutschen vorkommende Verbum gaumen (auf die Kinder aufpassen, das Haus hüten, für jemand sorgen). Zehetners Lexikon verweist zudem auf das gotische Wort gaumjan (Aufmerksamkeit auf etwas richten). So schließt sich ein Bogen von den Außerirdischen bis zu den Ahnen aus dunkler Vorzeit.

Wörter wie Gamma schillern wie ein Diamant, man pflege sie sorgsam.

© SZ vom 14.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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