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Kratzers Wortschatz:Präsident Trump spricht wie ein waxer Deife

Das altbayerische wax bedeutet spitz, scharf, scharfkantig. Deshalb heißt die Stechpalme in Altbayern auch der waxe Laber, wobei Laber für Lorbeer steht. Auch Menschen können wax sein - also hantig und widerborstig. Der US-Präsident Trump ist ein Beispiel dafür

Kolumne von Hans Kratzer

Waxlaber

Neulich war in der SZ zu lesen, die Europäische Stechpalme (Ilex aquifolium) sei zum Baum des Jahres 2021 gekürt worden. Man erkennt sie gut an ihrem dunkelgrünen, glänzenden Laub und ihren kräftig roten Früchten. Im Alpenvorland, am Tegernsee und im Ammertal, wachsen heimische Stechpalmen, die unter strengem Schutz stehen. Im Artikel wurde darauf hingewiesen, dass die Pflanze in Norddeutschland auch "Hülse" genannt wird. Reinhard Wittmann hat diesbezüglich moniert, es hätte sich eigentlich angeboten, auch den hiesigen Namen zu erwähnen - der waxe Laber (Lorbeer), wie die Stechpalme im Oberland heißt. Der Waxlaber ziere Bauerngärten, diene als Schmuck für Grabstätten, Herrgottswinkel und bei Umgängen, auch den Palmbuschen werde er beigemengt. Das Adjektiv wax bedeutet in Altbayern spitz, scharf, scharfkantig. Wenn man zum Beispiel barfuß auf einem steinigen Weg oder auf Stoppeln geht, dann ist es dort wax. Auch Menschen können wax sein, jene Spezies also, die hantig und widerborstig auftritt. US-Präsident Trump ist das Paradebeispiel eines waxen Menschen, "er ist ein waxer Deife", sagt man auf dem Land.

Diridari

Das alte Wort Diridari ist in Prien am Chiemsee zurzeit sehr lebendig. "Priener Diridari" heißt ein neu eingeführter Gutschein, der dem örtlichen Handel durch die Corona-Zeit helfen soll. In Bayern galt der Sammelname Diridari früher für den Silberkreuzer, die Goldmark und die D-Mark. Der Begriff verknüpft Pragmatismus mit sprachlichem Wohlklang. Natürlich klingt Diridari auch ein bisserl nach Leichtsinn und Pleitebank. Vorausschauend präsentierten Gerhard Polt, Dieter Hildebrandt und die Biermösl Blosn im Jahr 1988 an den Münchner Kammerspielen ein Programm namens "Diridari". Dort hieß es: "Diridari, das klingt wie Larifari." Das Magazin Der Spiegel urteilte einst über das Verhältnis der Bayern zum Geld: "Der Diridari, wie der bayrische Mensch, Daumen und Zeigefinger aneinander reibend, das Geld gerne nennt, gilt da als bevorzugter Maßstab der Hochachtung."

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SZ vom 11.11.2020
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