Kratzers Wortschatz:Küssen, busseln und schnaufen

Am Tag des Kusses kamen auch die bairischen Wörter Busserl, Bussi und busseln zu Ehren. Allerdings gilt: Wer viel busselt, muss es auch derschnaufen können

Von Hans Kratzer

Bussi

Vergangene Woche wurde, aller Gewalt zum Trotz, der Tag des Kusses gefeiert. In den mundartlich geprägten Regionen Bayerns ist das Wort Kuss selten zu hören. Stattdessen sagt man Busserl, Bussl oder Bussi. Legendär ist die Münchner Bussi- Bussi-Gesellschaft, deren Begrüßungs-Ritual darin besteht, links und rechts die Wangen zu berühren und ein sanftes Schmatzgeräusch von sich zu geben. Davon schwer beeindruckt, hat die österreichische Band Wanda ihr zweites Album "Bussi" genannt. Die Herkunft des Busserls ist offen. Das Spätlateinische kennt das basiolum (zärtliches Busserl). Als flüchtiger Kuss galt das osculum, das uns bei Tacitus, Cicero und Cato begegnet.

Der Ursprung des Bussis könnte auch in Böhmen liegen, wo der Mund pusa (pusinka) heißt. "Dei pusinku!" So werden Kinder angehalten, die Verwandtschaft abzubusseln. In Oberbayern sagt man zum busseln auch hoisen (halsen). Berühmt geworden ist das Verb busseln durch eine Radio-Übertragung bei der Fußball-WM 1978, die den Ingenieur Edi Finger zur Kultfigur machte. Den Siegestreffer gegen Deutschland schilderte Finger mit der unvergessenen Reporterhymne: "I wer narrisch! Krankl schießt ein - 3:2 für Österreich! Meine Damen und Herren, wir fallen uns um den Hals, der Kollege Rippel, der Diplom-Ingenieur Posch - wir busseln uns ab!"

Schnauferl

Neulich ging es an dieser Stelle um den Begriff Schnackler. Der steht sowohl für einen Schluckauf als auch für ein Gefährt von Kleinbauern, die sich einst einen großen Bulldog nicht leisten konnten. So jedenfalls stand es hier zu lesen. SZ-Leser Franz Siebenlist aus Freising hat den Schnackler allerdings anders in Erinnerung. Er schreibt: "Schnackler war in meiner Jugendzeit bis 1951 die Bezeichnung für ein Kleinkraftrad der Marke Fichtel&Sachs mit meines Wissens 98 Kubik Hubraum und geringer Motorleistung, so dass man an Steigungen schon mal mittreten musste. Letztlich war dies der Vorgänger von Moped und Mofa. Benutzt wurde es z.B. von Handwerkern oder kleinen Händlern, oft mit einem zweirädrigen Anhänger für Werkzeuge und Waren."

Solche Vehikel nannte man auch Schnauferl. Unter anderem produzierten die Wanderer-Werke in Nürnberg solche Schnauferl. Sie hatten keinen Anlasser, man musste im Laufen anschieben, bis der Motor ansprang. Vor allem bergauf mussten die untermotorisierten Schnauferl ordentlich schnaufen. Das ist ein Synonym für atmen. Der Atemzug ist der Schnauferer. Gerät jemand außer Atem, sagt man: Jetzt geht ihm der Schnauferer aus.

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