Kratzers Wortschatz:Kreuzbirnbaum und Hollerstauden

Bei österreichischen Politikern steht gerade ein Schimpfwort hoch im Kurs: der Vollholler. Das ist irritierend, denn der Holler und der Hollerbusch besitzen viele positive Eigenschaften

Von Hans Kratzer

Vollholler

Der österreichische Kanzler Christian Kern (SPÖ) hat die von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) propagierte Schließung der Mittelmeerroute für Flüchtlinge als "populistischen Vollholler" bezeichnet. Er meinte damit: Das ist völliger Unsinn. Ein Hotelier schrieb daraufhin, die Aussage Vollholler sei eines Regierungschefs unwürdig und setzte eine spezielle Aktion dagegen. Einen Tag lang gab es bei ihm Hollersaft gratis. Holler ist ein Synonym für Holunder und Flieder. Eigentlich besitzt der Holler viele positive Eigenschaften. Alle Teile des Hollerstrauchs seien heilkräftig, ist in alten Kräuterbüchern zu lesen. Der Tee von getrockneten Hollerblüten hilft bei Erkältungen. Schon das Aroma, das die Blütendolden an lauschigen Juniabenden abgeben, ist betörend. Ein alter Kinderreim lautet zum Beispiel: "Wir sitzen unterm Hollerbusch und machen alle husch husch husch." Wieso der Holler als Schimpfwort herhalten muss, ist rätselhaft. Allerdings wurde der Holler auch aus den modernen Gärten verbannt. Und: "Kreuzbirnbaum und Hollerstauden!" schimpfen Wutmenschen im Zorn.

Hollerküchl

Hollerküchl sind eine Delikatesse. Dazu werden die Blütendolden in einen Weizenmehlteig gelegt und im erhitzten Fett goldbraun gebacken. SZ-Leserin Christina Loquai sandte uns ein Rezept leichterer Art: "Für den Teig Mehl, Zucker, Backpulver und nach Belieben Bier, Rahm, Mineralwasser. Abgezupfte Hollerblüten in den Teig rühren, im Waffeleisen backen. Das ist nicht so üppig wie mit Ausbackfett, die Hollerküchl können prima eingefroren werden, machen auch wenig Sodbrennen", schreibt Frau Loquai.

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