Kratzers Wortschatz:Ist die Fifa ein Kracherlverein?

Kracherlmannschaften nennt man in Bayern Fußballvereine, die ihren Anhängern nichts als Verdruss bescheren. Deshalb könnte man die FIFA durchaus einen Kracherlverein nennen

Kracherlmannschaft

Fußballmannschaften, die keinen Spielwitz besitzen und ihren Anhängern nichts als Verdruss bescheren, also Kicker vom Schlage des TSV 1860, werden vom Volksmund gerne als Kracherlmannschaften bezeichnet, was man freilich als eine Verunglimpfung des Kracherls betrachten kann. Schon vor vielen Jahrzehnten kursierte unter FC Bayern-Anhängern der ähnlich geartete Kalauer, die Sechzger seien keine Fußballer, sondern die kleinste Brauerei von München, nämlich mit elf Flaschen. Kracherl ist ein alter bayerischer Ausdruck für Zucker- und Brauselimonaden. Der Name rührt von jenen Flaschen her, die einst mit gläsernen Kugeln verschlossen waren und beim Öffnen durch die austretende Kohlensäure ein krachendes Geräusch erzeugten. Das Kracherl rangiert in der Hierarchie der In-Getränke eher im hinteren Segment. Magst a Kracherl? Eine solche Frage wird am Stammtisch in der Regel als Provokation aufgefasst. Vermutlich deshalb wurde dieser Begriff auch auf fußballerische Tiefflieger übertragen. Sie spielen halt in einer Kracherlmannschaft, die zu allem Überfluss auch noch das eine oder andere Kracherltor hinnehmen muss. Darunter versteht man einen Torerfolg, der auf kuriose, geradezu lächerliche Weise zustande gekommen ist. Ist ein Fußballspiel so grottenschlecht, dass es nicht mehr anzuschauen ist, dann spricht man von einem Kracherlspiel. Summa summarum wäre es wohl eine weitere Verunglimpfung des Kracherls, würde man die skandalumwitterte Fifa als einen Kracherlverein betiteln.

Gruamzinsler

Es ist immer wieder erfrischend, wenn Leser dieser Kolumne in Zeiten der sprachlichen Einebnung und Gleichmacherei auf spezielle, ungewöhnliche und vergessene Wörter aufmerksam machen. Johann W. Heiß hat uns diesbezüglich eine Liste mit Regionalwörtern aus der südostbayerischen Gegend um Ainring zugeschickt. Dort heißt der Schulranzen zum Beispiel Kalier. Unter einem Gfinkal versteht man in jener Region in unsauberes Kind, während ein Quartlmoasta als ein halbgebildeter Mensch gilt. Ein Zapfnluada wiederum ist eine Schankkellnerin, die dem Gast nicht behagt, ein Duinbimpfara ist ein einfältiger, dumpfer Mensch. Der schönste Begriff aber ist der Gruamzinsler, ein alter Mann mit Prostataproblemen. In diesem Wort steckt die Grube (Gruam), ein auch für das Grab gebräuchlicher Begriff, sowie das alte Verb zinseln. Wer zinselt, der uriniert oder bieselt prostatabedingt nur noch mit dünnem Strahl.

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