Kratzers Wortschatz:Häuslratzen im Maximilianeum

Von Hans Kratzer

Buckel

Die Fangemeinde der Oberammergauer Blasmusik-Blosn Kofelgschroa wächst stetig. So eigenwillig wie ihre Rhythmen klingen auch ihre Texte. Die erste Zeile in dem Lied "Schlaflied" lautet beispielsweise: "Da oane schlafft aufn Buckel besser wia aufm Bauch ..." Kofelgschroa verwendet von Natur aus das angestammte Idiom von Oberammergau, weshalb in diesem Lied richtigerweise der Buckel und nicht der Rücken vorkommt. Buckel ist auf dem Land ein beliebtes Universalwort. Dass dabei oft der Rücken gemeint ist, belegen allgemeine Redewendungen wie "Rutsch mir doch den Buckel runter!" und "Steig mir doch den Buckel hinauf!". Wenn heute bezüglich des Rückens von einem Buckel die Rede ist, dann geht es häufig um eine sichtbare Wirbelsäulenverkrümmung. Darüber hinaus benennt das Wort Buckel einen Hügel oder eine Anhöhe in der Landschaft: "Auf diesem Buckel sind wir Schlitten gefahren." Eine unebene Wiese ist eine Buckelwiese. Ein schöner Ausdruck lautet buckelkrax. Er wird verwendet, wenn man jemanden huckepack trägt. Alt-Kanzler Helmut Kohl hat einmal auf einer kuriosen Bergwanderung seinen konditionsschwachen Männerfreund Franz Josef Strauß eine Zeitlang auf dem Buckel geschleppt, er hat ihn also - welch ein Bild - buckelkrax getragen. In der Regel werden kleine Kinder zu deren Gaudium buckelkrax getragen.

Häuslratzen

Eine Party von Elite-Stipendiaten im bayerischen Landtag ist aus dem Ruder gelaufen. Hunderte Feierbiester haben sich der Ausschweifung hingegeben und Teile des Maximilianeums in eine Art Schlachtfeld verwandelt. Die Konsequenz: Künftig wird es in dem ehrwürdigen Gebäude keine studentischen Feiern mehr geben. In einem Punkt besteht dennoch Hoffnung: Die künftige Elite des Landes hat sich sehr bemüht, die oft beklagte soziale Ungleichheit in diesem Land zu überwinden. Fern von jeglichem Dünkel haben sich die Maximilianeer auf die Ebene eines weniger privilegierten Gschwerls begeben. Dabei erwiesen sie sich als gute Gastgeber für allerlei Lackln, Luftgeselchte und Häuslratzen. Das sind seit jeher Ehrenbezeichnungen für schlecht erzogene Gaudiburschen und Grobiane, die Lokalitäten wie das Maximilianeum für eine ranzige Absteige im Glasscherbenviertel halten.

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