Süddeutsche Zeitung

Kratzers Wortschatz:Erotischer Aspekt vorm Prämonstratenserkloster

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Ein Seifenkistlrennen im Landkreis Straubing-Bogen nahm nicht nur aus sportlicher Sicht einen bemerkenswerten Verlauf

Von Hans Kratzer

A duddade Dirn

Das Seifenkistlrennen, das der Motorsportclub Meidendorf neulich auf der Kreuzbergstraße vor dem Kloster Windberg (Landkreis Straubing-Bogen) veranstaltet hat, nahm nicht nur aus sportlicher Sicht einen bemerkenswerten Verlauf. Unerwartet kam ein erotischer Aspekt ins Spiel, und das direkt vor dem Prämonstratenserkloster. Schnellstes Seifenkistl war nämlich jenes, auf dessen Karosserie ein Mädchen mit kurzem Dirndlgwand, Strapsen und üppiger Oberweite abgebildet war. Der Name des vom Trachtenverein Windberg ins Rennen geschickten Fahrzeugs lautete folgerichtig: De duddade Dirn. Frei übersetzt heißt das: das dralle Mädchen. Beschriebe man es genauer, bewegte man sich nach heutiger Auslegung hart an der Grenze zum Sexismus. Aber das war auch früher schon so. Georg Queri hat die derbe Volkssprache in mehreren Büchern dokumentiert (Bauernerotik in Oberbayern, 1911, und Kraftbayrisch, 1912). Er erwähnte darin auch das Wort Dutten für die weibliche Brust, das schon im Mittelhochdeutschen belegt ist (Tutte). De duddade Dirn entspringt also einem kracherten volkstümlichen Humor. Zu ergänzen ist, dass Jünglinge, denen kein Bart wächst, einst Dutterer genannt wurden (Bürscherl, die noch an der mütterlichen Brust hängen).

Varreck Kaffeehaus

Ergänzend zu dem vorige Woche erörterten Ausruf "ums Varrecka" ist Peter Kühn der Sportreporter Günther Wolfbauer (1926-2009) eingefallen, dem oft ein "Varreck Kaffeehaus" entfleuchte, wenn etwas geschehen war, mit dem er nicht gerechnet hatte. Die Herkunft des Spruchs ist schwer zu ergründen. Kaffeehaus sagte man früher zum Café. Im Bairischen wird das Wort Kafää hinten betont, was gemütlicher klingt als das harte, vorne betonte Kaffe, aus dem eine degenerierte Lebensart herausklingt, die bloß noch den hektischen Genuss eines Coffee to go erlaubt.

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SZ vom 06.06.2017
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