Kratzers Wortschatz:Das Verb brausen ist futschikato

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Der neue Duden ist um 5000 Wörter gewachsen. Unter den Neulingen taucht neben hippen Verben wie tindern überraschenderweise auch das schon recht alte Wort futschikato auf

futschikato

An Universitäten wie der TU München und in Berliner Cafés verliert Deutsch rasant an Bedeutung. Dort wird fast nur noch Englisch gesprochen. Andererseits bläht sich die deutsche Sprache nach wie vor auf. Das belegt nicht zuletzt die Tatsache, dass der neue Duden um 5000 Wörter gewachsen ist. Zu den Neulingen gehört neben brandaktuellen und hippen Ausdrücken wie Fake News, postfaktisch und tindern erstaunlicherweise das zumindest im bayerischen Sprachraum schon recht alte Wort futschikato, das hier bereits kurz nach dem Krieg verbreitet war und vermutlich sogar vorher schon. Eine kabarettistische Revue von Friedrich Hollaender, etwa von 1957 bis 1961 gespielt, trug den Titel Futschikato. Im Kern ist futschikato eine ans Italienische angelehnte Weiterbildung des Adjektivs futsch (fort, weg). Der Duden schreibt, dieses Wort werde salopp und scherzhaft verwendet, und er nennt den Beispielsatz: "Das ganze Geld war futschikato!" Anzumerken ist, dass das Wort im bayerisch-österreichischen Sprachraum häufig pfutschikato ausgesprochen wird. Eine Weiterbildung ist die Formel futschikato perdutti. In Anspielung auf den Berg Fudschijama wurde futschikato auch als Japanismus erklärt. Dem Deutschen Wörterbuch zufolge war futsch ursprünglich der Imperativ des Verbs futschen, das in Schweizer Mundarten als Synonym für "gleiten, rutschen" belegt ist.

brausen

Aus der Mode gekommen ist das bildhafte Verb brausen. Es wurde weitgehend durch das Synonym duschen ersetzt. Bis in die Siebzigerjahre hinein gab es in vielen Haushalten keine Dusche. Deshalb hieß es: "Wir mussten mit den Kindern zum Brausen zu Verwandten fahren." Dieser Satz ist im österreichischen Duden zu lesen. In Felix F. Scherzers aktuellem Roman "Neubayern" sagt ein Jüngling, der in einem Bau eingesperrt war: "Das einzig Schöne war das tägliche Brausebad!" Gelegentlich hört man noch das Wort abbrausen, in dem die erfrischende Wirkung des Wassers ideal zum Ausdruck kommt, die Wasserperlen sind beim Sprechen förmlich zu spüren. Die Kabarettistin Monika Gruber erwähnt in ihrer Autobiografie den "Brauser", der so genannt wurde, weil er auf die Frage, ob er mitgehe, immer sagte: "Scho, aber i muass mi zerscht noch brausen!"

© SZ vom 29.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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