Kratzers Wortschatz:Das Hinrichten von Blumen im Garten

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Wenn es kracht, ob beim Fußball oder im Straßenverkehr, kommt das Universal-Wort schäwern zum Einsatz. Vorsichtiger dagegen sollte mit dem Verb hinrichten umgegangen werden

Kolumne von Hans Kratzer

schäwern

Im Profifußball und in seinem medialen Umfeld wird eine Sprache gepflegt, die sich durch rhetorische Blässe und Eintönigkeit auszeichnet. Zwei bayerische Bundesligatrainer leisten sich immerhin eine Sprachfärbung. Der aus der Oberpfalz stammende Michael Köllner (1. FC Nürnberg) und der gebürtige Niederbayer Manuel Baum (FC Augsburg) verleugnen, wenn sie reden, erfreulicherweise ihre Herkunft nicht. Baum hat zuletzt im Bayerischen Rundfunk kundgetan: "Ich hoff, dass es vorn amal schäwert!". Er meinte damit: Seine Augsburger sollten ins Düsseldorfer Tor treffen, was sie dann ja auch taten. Baum gebrauchte das Verb schäwern, das im Dialekt universal verwendet wird. Es kommt ins Spiel, wenn es irgendwo kracht. Nachdem SZ-Kollege W. neulich eine Umleitung fahren musste, umschrieb auch er den Unfall bildhaft: "weil's irgendwo gschäwert hat!" Im September 2015 erzielte Bayern-Stürmer Lewandowski einmal innerhalb von neun Minuten fünf Treffer. Im Zug erzählte ein Mann, seine Kartlerrunde habe damals ihren Schafkopf unterbrochen, um sich ganz auf die Radiosendung "Heute im Stadion" zu konzentrieren: "Da hat's a bisse vui gschäwert!"

richten

Ein Pendler erzählte neulich seinem Gegenüber, er habe eine anstrengende Dienstreise hinter sich. Der erwiderte: "Hast es wieder hintregricht!" Das Verb erledigen wäre in diesem Fall wohl zu schwach gewesen. Etwas hintrerichten drückt aus, dass man ein sperriges Projekt gestemmt hat. Das Verb richten wird zu wenig beachtet, dabei ist es ein kreuzwichtiges Wort. Man kann ein Auto herrichten, die Uhr richten und sich die Zähne richten lassen, wenn diese nicht mehr strahlen. In Verbindung mit einem Adverb ergeben sich allerlei Weiterungen. Nach einer Verfehlung werden einem etwa die Wadl wieder vire gricht, also nach vorne gerichtet. Edmund Stoiber sagte einmal, er richte im Garten gerne Blumen hin. Dafür erntete er kübelweise Spott, obwohl man Blumen durchaus schön hinrichten kann. Man tut aber gut daran, Blumen lieber zu drapieren oder zu arrangieren.

© SZ vom 28.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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