Kratzers Wortschatz:Bei diesem Wörtchen wird es ernst

Es gibt Begriffe, die hört man in Bayern nicht unbedingt gerne. "Aufstreichen", zum Beispiel. Benutzt die Mutter das Verb beim Pausenbrote-Schmieren, hat man nichts zu befürchten. Aber wehe, ein Kontrahent droht: "Dir streich ich eine auf!" Dann heißt es, besser in Deckung zu gehen

Aufstreichen

Georg Maier, Chef der Münchner Iberl-Bühne, hat vor wenigen Tagen im Bayerischen Rundfunk erzählt, wie er als Bub einmal von seinem Vater eine Watschn bekommen hatte, obwohl dieser ein friedliebender Mensch war. Sie hätten sich zwar gut verstanden, sagte Maier, aber in seiner jugendlichen Rebellenzeit habe er vom Vater "zwoamoi oane aufgstricha kriagt". Das Partizip aufgstricha (aufgestrichen) bringt zum Ausdruck, dass er sich eine Watschn einfing, eine Ohrfeige. Maier gab zu, dass er sich diese Watschn redlich verdient hatte und dass sein Vater und er danach "gwoant" hätten, die Züchtigung hatte beiden wehgetan. Aufstreichen bedeutet eigentlich, Butter, Leberwurst oder Honig aufs Brot zu streichen. Im alten Münchner Stadtdialekt kann man überdies jemandem eine Watschn aufs Gesicht streichen. Er "kriagt dann oane aufgstricha", wie es Georg Maier ausdrückt. Manche kennen die Drohung: "Schleich di, sunst streich i dir oane auf!" Im Englischen gibt es eine ähnliche Wendung, nämlich "to slap someone's face". Sie bedeutet: jemandem eine Ohrfeige verpassen oder eben jemandem eine aufstreichen. Maier gebrauchte in dem Radiogespräch eine Reihe interessanter Wörter. Unter anderem erzählte er, sein Vater habe mit seinem Charme bei den Frauen stets ein Massl gehabt. Dieses aus dem Hebräischen stammende Wort steht für ein unerwartetes Glück.

Eier pecken

In der vergangenen Woche ist an dieser Stelle das Wort "Pecker" verhandelt worden. Dazu haben sich mehrere Leser gemeldet, die erstens auf das schöne österreichische Pendant Klopfer hinwiesen, wunderbar verwendet von der Omama Mitzerl in der TV-Komödie "Single Bells" (1997), die ihre Familie schilt: "Es hobts ja olle an Klopfer!" (ungefähr: Ihr habt ja einen Dachschaden, ihr seid damisch!). Dann erreichte uns noch der Hinweis auf den Brauch des Eierpeckens. Dabei stoßen zwei Gegner die Spitzen ihrer Ostereier aneinander, bis eines bricht, also einen Pecker bekommt. Das Ei, das unbeschadet bleibt, gewinnt.

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