München (dpa/lby) - Dialektförderer plädieren für eine regional gefärbte Sprache auch in Wirtschaft und Politik. Das gelte für nord- und süddeutsche Einfärbung gleichermaßen. In Seminaren werde teils aber eine nordhochdeutsche Lautung „willkürlich zur Norm erhoben“ - damit werde ein „sprachgeschichtlicher Irrtum“ zementiert, kritisierte der Bund Bairische Sprache (BBS) zum Internationalen Tag der Muttersprache am Sonntag (21. Februar).
„Selbst die nordlastigen Begründer der deutschen Bühnenaussprache gingen im Jahr 1899 nicht so weit, dass sie das rollende „r“ durch ein „Zäpfchen-r“ ersetzen wollten, erläuterte der Vereinsvorsitzende Sepp Obermeier. „Anno 2021 erleben wir jedoch in einer freiheitlichen Informationsgesellschaft einen sprachdiktatorischen Vorstoß mit realsatirischen Zügen.“ Man sei sich mit Sprachforschern einig, „dass Nord- und Südhochdeutsch sprachgeschichtlich gleichberechtigt sind und nur Diktaturen es zu Einheitssprachen bringen“.
Es gehe nicht nur ums Sprechen, sondern auch um die Schriftsprache und den Wortschatz. Das auf Nordhochdeutsch „Rotkohl“ genannte Gemüse heiße im Südhochdeutschen „Blaukraut“, der nördliche Quark sei im Süden ein „Topfen“, und der „Junge“ ist ein „Bub“. Ausgesprochen: „Bua“ oder auch „Bou“. Der Erwerb einer authentischen akzentfreien Aussprache eines Dialektes sei ab dem zwölften Lebensjahr kaum mehr möglich. Das im Süden gesprochene Hochdeutsch lasse sich aber in allen Altersgruppen aneignen, auch von „Nordsprechern“, betonte der Verein.
Der Förderverein für Bairische Sprache und Dialekte wies zum Tag der Muttersprache auf den Wert von Dialekt für eine facettenreiche Gesellschaft hin. „In sprachlicher Vielfalt liegt ein Schlüssel für den Aufbau und den Erhalt von integrativen, offenen, vielfältigen und partizipativen Gesellschaften.“ Durch Sprachen würden Informationen und Wissen vermittelt. Es gehöre zum Auftrag der UN-Kultur- und Bildungsorganisation Unesco, sich für die Bewahrung der Diversität von Kulturen und Sprachen einzusetzen und somit Toleranz und Respekt zu fördern.
Das grenzüberschreitende Gemeinschaftsprojekt „Mitn Redn kemman d’Leit z’somm“ der Uni Salzburg mit Schülern aus Bayern und Salzburg stockte allerdings wegen Corona. Die Unterrichtshefte für zwölf Partnerschulen auf beiden Seiten der Grenze seien fertig, könnten aber derzeit nicht wie geplant im Deutschunterricht eingesetzt und getestet werden - dies erfordere den gemeinsamen Austausch im Klassenzimmer.
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