Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahlen in Bayern:Ein hochriskantes Jahr für die CSU

Die Ergebnisse zeigen, dass die politischen Verhältnisse in Bayern nicht mehr so festgefügt sind. Die Wahlbeteiligung ist enttäuschend.

S. Beck

Von den Kommunalwahlen in Bayern geht ein klares Signal aus: Amtsinhaber sind abwählbar. Politiker, die in den Augen der Bürger einen schlechten Job gemacht haben, werden abgestraft - egal, ob sie der CSU oder der SPD angehören. So einfach funktioniert das neuerdings im Freistaat. Die Zeiten sind vorbei, in denen Wahlämter quasi auf Lebenszeit vergeben wurden und die Dienstzeit von Bürgermeistern mit ihrer Pensionierung endete.

Deshalb muss der Regensburger CSU-Oberbürgermeister Hans Schaidinger in die Stichwahl, obwohl er Präsident des bayerischen Städtetags ist und zu den bekanntesten Kommunalpolitikern der CSU zählt. Deshalb ist auch der Augsburger SPD-Oberbürgermeister Paul Wengert hinter den politisch völlig unerfahrenen Konkurrenten Kurt Gribl von der CSU zurückgefallen. Ähnlich ist die Situation in Würzburg, Passau und Straubing - hier müssen die Amtsinhaber ebenfalls in die Stichwahl.

In München und Nürnberg hingegen haben die Wähler die SPD-Oberbürgermeister Christian Ude und Ulrich Maly mit Mehrheiten ausgestattet, die bisher in Bayern nur der CSU vorbehalten waren. Sowohl Ude als auch Maly erhielten bei der Direktwahl mehr als 60 Prozent der Stimmen; in beiden Stadtparlamenten erlitt die CSU jeweils zweistellige Verluste.

Ude, der freundlich grüßende Stadtpräsident

Für Ude hat es sich ausgezahlt, dass er die meiste Zeit über den freundlich grüßenden Stadtpräsidenten gibt und nur beim Thema Transrapid die Konfrontation mit der CSU sucht. Sein Nürnberger Kollege Ulrich Maly ist so unanfechtbar, dass sich selbst Ministerpräsident Günther Beckstein ein Lob für den SPD-Mann nicht verkneifen konnte.

Für die CSU bedeutet das: Das Wahljahr 2008 wird hoch riskant, zumal Umfragen die Partei landesweit beständig bei mauen 50 Prozent sehen. Zwar wird das Endergebnis der Kommunalwahl voraussichtlich erst am Donnerstag vorliegen, weil der bayerische Wahlmodus so kompliziert ist.

Zumindest aus den Oberbürgermeisterwahlen lässt sich jedoch kein Trend ableiten, der den Druck vom Führungsduo Günther Beckstein und Erwin Huber nehmen könnte. Genauso wenig kann aber die SPD aus ihrem guten Abschneiden in den großen Städten Anzeichen für den erhofften Umschwung konstruieren.

Nichtwähler manchmal stärkste Fraktion

Gerade für die CSU wird es darauf ankommen, ob sie bei der Landtagswahl im September ihre Stammwähler zu mobilisieren vermag. Denn die Bürger sind lethargisch geworden. Erste Ergebnisse sprechen dafür, dass die Beteiligung an den Kommunalwahlen auf einen neuen Tiefstand gesunken ist.

In einigen Städten Bayerns sind die Nichtwähler bereits die stärkste Fraktion. Damit setzt sich ein Trend fort, der in den neunziger Jahren seinen Anfang nahm und auch bei den Landtagswahlen 2003 deutlich zu erkennen war. Diejenigen Bürger, die noch zur Wahl gehen, sind anspruchsvoller geworden und aus Sicht der Parteien schwer kalkulierbar.

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Quelle:
SZ vom 3.3./2008/mako
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