Kommunalpolitik in Bayern:Hier werden die Oberbürgermeister-Wahlen spannend

Vollversammlung des Bayerischen Städtetages Maly Gribl

Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl (links) und sein Nürnberger Amtskollege Ulrich Maly haben überraschend ihren Verzicht auf weitere Kandidaturen erklärt.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Zwei beliebte Rathauschefs treten bei den Kommunalwahlen 2020 nicht mehr an. Aber auch in anderen bayerischen Städten wird es interessant. Eine Übersicht.

Von Maximilian Gerl, Andreas Glas, Matthias Köpf und Olaf Przybilla

Seit dieser Woche ist klar, dass Bayerns zweit- und drittgrößte Städte im nächsten Jahr einen neuen Oberbürgermeister bekommen. In Nürnberg und Augsburg erklärten die amtierenden Rathauschefs ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur. Auch in anderen Städten Bayerns könnten die Wahlen 2020 spannend werden. Eine Auswahl.

Aschaffenburg

In Aschaffenburg steht eine zweifache Zeitenwende an. Zum einen endet 2020 die dann 20-jährige Amtszeit des Sozialdemokraten Klaus Herzog. Zum anderen wurde der Oberbürgermeister 2012 für acht statt sechs Jahre gewählt, um die OB-Wahlen mit den Kommunalwahlen zu synchronisieren. Wer Herzogs Nachfolger wird, gilt als komplett offen. CSU und SPD werden wohl mit etablierten Kandidaten in die Wahl ziehen: mit dem dritten Bürgermeister Jürgen Herzing (SPD) und der zweiten Bürgermeisterin Jessica Euler (CSU). In der stark von Frankfurt geprägten 70 000-Einwohner-Stadt rechnen sich inzwischen aber auch die Grünen Siegchancen aus. Sie treten mit Stefan Wagener an, ihrem Fraktionschef im Stadtrat.

Augsburg

Hätte Kurt Gribl (CSU) gewollt, er hätte beste Chancen gehabt, zum dritten Mal ins Augsburger Rathaus einzuziehen. Doch seitdem der 54-Jährige am Mittwoch überraschend erklärte, keine dritte Amtszeit anzustreben, ist das Rennen völlig offen. Zwar stünde mit der zweiten Bürgermeisterin Eva Weber eine CSU-Nachfolgerin bereit, doch der Amtsbonus fehlt ihr. "Viele kennen mich, viele kennen mich auch nicht", sagte die 41-Jährige am Donnerstag. Der offene Wahlkampf werde "der Demokratie gut tun". Die Aussicht, statt gegen den beliebten Gribl gegen eine relativ Unbekannte anzutreten, dürfte neue Ambitionen wecken. Die Grünen wollen am 15. Mai ihren Spitzenkandidaten küren, ihr Interesse haben Fraktionsvorsitzende Martina Wild, Bezirkschefin Melanie Hippke und Deniz Anan angemeldet. Bei der SPD tagt noch eine Findungskommission. Dort kursieren die Namen des Fraktionsvorsitzenden Florian Freund, des Ordnungsreferenten Dirk Wurm und des Landtagsabgeordneten Harald Güller - sowie eine nicht näher benannte "externe Lösung".

Bamberg

Ob auch in Bamberg eine kommunalpolitische Ära endet, weiß momentan niemand - womöglich nicht mal der amtierende SPD-Oberbürgermeister Andreas Starke selbst. Der 62-Jährige ist vier Jahre älter als sein Kollege Ulrich Maly in Nürnberg, Starke hat sogar mehr als 30 Jahre Kommunalpolitik hinter sich. Alles wartet auf die Entscheidung, ob er noch einmal antritt, aber Starke hat sich bislang nicht festgelegt. Bereitschaft für eine Gegenkandidatur hat für die CSU Kulturbürgermeister Christian Lange signalisiert. Bayerns Gesundheitsministerin, die Bambergerin Melanie Huml (CSU), hat sich dagegen nicht eindeutig geäußert. Gut möglich, dass sie Starkes Entscheidung abwarten will. Die Grünen, in der Uni-Stadt traditionell stark, haben sich ebenfalls noch nicht entschieden. Wenn eine mögliche Zäsur ansteht, will eine Kandidatur gut überlegt sein.

Bayreuth

Auch in Bayreuth werden 2020 Kommunal- und OB-Wahlen zusammengelegt, wie in Aschaffenburg waren das zuvor getrennte Wahlen. Ansonsten ist die Situation ein Jahr vor der Wahl außergewöhnlich unklar. Ob die amtierende Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe von der Freien Wählervereinigung Bayreuther Gemeinschaft noch ein zweites Mal antritt nach acht Amtsjahren, ist ebenso offen wie sämtliche möglichen Gegenbewerber. Offenbar beäugen sich alle in der Wagner-Stadt und hoffen, dass die andere Seite sich bewegt.

Fürth

Spannung? Bei der OB-Wahl? In Fürth können sie da nur lachen. Die CSU könnte dort eine Mischung aus Barbara Stamm und Markus Söder ins Rennen schicken. Der Gewinner hieße: Thomas Jung, 57. Der Sozialdemokrat tritt im Gegensatz zu seinem Nürnberger Kollegen Maly nochmals an.

Von Landshut bis Würzburg

Landshut

Wie die OB-Wahl in Landshut ausgeht, ist derzeit noch schwer abzuschätzen. Das hat auch mit der Wahl 2016 zu tun. Damals holte Überraschungssieger Alexander Putz (FDP) wohl nur deshalb so viele Stimmen, weil die Favoritin Gabriele Goderbauer-Marchner (Landshuter Mitte) wenige Monate vor der Wahl gestorben war und die Wähler wussten, dass CSU-Kandidat Helmut Radlmeier zunächst gar nicht antreten wollte. Diesmal aber bekommt Putz starke Konkurrenz. Die CSU schickt mit Thomas Haslinger, 32, einen jungen und motivierten Kandidaten in die OB-Wahl 2020, die auf Putz' Initiative um zwei Jahre vorverlegt wurde. Die Grünen treten gar mit ihrer ranghöchsten Landespolitikerin an: Parteichefin Sigi Hagl.

Neu-Ulm

Im schwäbischen Neu-Ulm treibt Oberbürgermeister Gerold Noerenberg (CSU) den Austritt der Stadt aus dem gleichnamigen Landkreis voran. Der sogenannte Nuxit ist dort kaum weniger umstritten als der Brexit auf internationaler Ebene. Nicht nur mit den Kreispolitikern, sondern auch innerhalb der Rathausparteien gab und gibt es größere Verwerfungen - und damit auf jeden Fall genügend Stoff für einen der interessanteren OB-Wahlkämpfe in Bayern.

Nürnberg

In Nürnberg steht nach dem angekündigten Abschied von Ulrich Maly eine der spannendsten OB-Wahlen der Nachkriegsgeschichte ins Haus. Nach dem Schock will sich die SPD an diesem Freitag näher erklären. Das erste Zugriffsrecht auf eine Kandidatur hat der örtliche Parteichef Thorsten Brehm, Bürgermeister Christian Vogel gilt als der routiniertere Kandidat. Die besten Wahlchancen räumen viele dem Landtagsabgeordneten Arif Tasdelen ein. Mehr als 40 Prozent der Nürnberger haben Migrationshintergrund; Tasdelen wird zugetraut, auch bei diesen Gruppen zu punkten. Bei der CSU werden Fraktionschef Marcus König und der Bundestagsabgeordnete Sebastian Brehm als Kandidaten favorisiert. Letzterer geriet freilich kürzlich wegen eines Steuerverfahrens in die Schlagzeilen. Die meiste Erfahrung brächte der Bundestagsabgeordnete und Bezirksparteichef Michael Frieser mit. Ob sich der 54-Jährige zu einer OB-Kandidatur überreden ließe, gilt als offen. Die Grünen wollen mindestens in die Stichwahl, über ihren Kandidaten werden sie im Juni entscheiden.

Regensburg

Seit mehr als zwei Jahren ist der OB-Sessel in Regensburg verwaist. So lange ist Joachim Wolbergs (SPD) nun suspendiert. Er steht im Verdacht, korrupt zu sein. Statt im Rathaus saß er zwischendurch in U-Haft, seit September sitzt er auf der Anklagebank. Dass ihn die SPD wieder als OB-Kandidat ins Rennen schickt, ist - wenn überhaupt - nur im Fall eines Freispruchs denkbar. Zumal es ja noch Gertrud Maltz-Schwarzfischer gibt, die Wolbergs vertritt und gut ankommt. Noch hat sich die zweite Bürgermeisterin aber nicht festgelegt, ob sie für die SPD antritt. Sie will offenbar das Urteil gegen Wolbergs abwarten. Auch die Kandidatur der wohl aussichtsreichsten CSU-Kandidatin ist noch nicht fix. Astrid Freudenstein macht das von einem Neuanfang an der Parteispitze abhängig. Längst ist auch die CSU in den Sog der Korruptionsaffäre geraten. Unter anderem laufen Ermittlungen gegen Regensburgs CSU-Chef Franz Rieger. Könnten am Ende die Grünen die Profiteure sein? Bei der Landtagswahl rang Jürgen Mistol der CSU fast das Direktmandat ab. Bei der OB-Wahl will er nicht antreten, ein Kandidat steht noch nicht fest. Joachim Wolbergs dagegen will unbedingt kandidieren, falls er freigesprochen wird. Notfalls mit eigener Liste.

Rosenheim

In der oberbayerischen Provinzmetropole Rosenheim wird es 2020 auf jeden Fall einen Wechsel geben: Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer (CSU), die ihre Stadt und nahezu die gesamte Lokalpolitik bei ihrem Amtsantritt 2002 fest ans Herz gedrückt und seither nicht mehr losgelassen hat, wird dann 68 Jahre alt und muss sich daher zurückziehen. Zuletzt schafften es in Rosenheim am ehesten die Grünen, sich aus Bauers politischer Umarmung zu lösen und ein wenig Opposition zu betreiben. Echte Chancen auf den Chefsessel kann sich aber wohl nur die CSU ausrechnen. Sie hat sich zwar noch nicht in aller Form auf einen Kandidaten festgelegt, nach einer internen Abstimmung wird sie aber wohl Andreas März, 46, ins Rennen schicken.

Würzburg

In Würzburg hat Amtsinhaber Christian Schuchardt, 50, seine Bereitschaft erklärt, noch einmal anzutreten. Schuchardt ist CDU-Mitglied, die CSU steht aber hinter ihm. Seit der Sensation bei der Landtagswahl, bei der Patrick Friedl ein Direktmandat für die Grünen eroberte, gilt in der Uni-Stadt allerdings kaum etwas als sicher. Sogar eine Kandidatur Friedls wird nicht ausgeschlossen, wäre aber wohl so kurz nach seinem Landtagseinzug nicht unproblematisch. Die Grünen sondieren noch, ebenso die SPD. Auch die Würzburger Liste, die von 1990 bis 2002 den OB stellte, dürfte einen Kandidaten aufstellen.

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