Jakob Friedl ist jetzt Oberbürgermeisterkandidat. Er selbst sieht sich aber als "Kunsthausmeister". Wie das aussieht, wenn einer den Rahmen für Kunst im öffentlichen Raum schafft, kann zurzeit jeder sehen, der mit offenen Augen durch Regensburg läuft. Neben den üblichen Wahlplakaten der anderen Parteien stehen und hängen die bunt bemalten Holzplatten der "Liste Ribisl", mit der Friedl zur Kommunalwahl im März antritt. Kein Wahlkampf, sagt Friedl, sondern: Malkampf.
Im "Ribisl-Haus" im Minoritenweg haben Friedl und seine Mitstreiter ihre "Malkampfzentrale". Jeder kann dort hingehen, ein Plakat für die Liste Ribisl malen - und vorschlagen, wo es platziert werden soll. Da gibt es etwa das Plakat, das beim "Goldenen Waller" steht, dieser umstrittenen 800-Kilo-Skulptur am Museum der Bayerischen Geschichte. Das Plakat, grün und weiß bemalt, fragt: "Wer gestaltet die Stadt?" Oder das Plakat, das an einem Laternenmast gegenüber der Fußballarena lehnt. Kürzlich wurde der Sponsoren-Schriftzug von der Arena abmontiert, weil sich der Sponsor zurückgezogen hat. Das Plakat mit der nachgezeichneten Arena macht einen neuen Namensvorschlag: "Ribisl Arena".
In der Ribisl-Partei, die Friedl "Ribisl-Partie" nennt, sei Platz für "unterschiedlichste Leute, von Handwerkern bis Psychologen", die ihre eigenen Themen setzen dürfen. Und doch gibt es ein Anliegen, das alle Plakatkünstler verbindet: Sie wollen sich an der Stadtplanung beteiligen. In Regensburg werde "immer in Leuchtturmprojekten gedacht", kritisiert Friedl die Stadtpolitik und nennt als Beispiel die gescheiterten Pläne für ein Kultur- und Kongresszentrum. Dabei brauche Kunst und Kultur auch "kleine Orte, um unabhängig zu agieren", sagt Friedl.
Anderswo laufe das besser, etwa in Nürnberg, da gebe es "heterotope Räume, die unabhängig von städtischen Strukturen funktionieren". In Regensburg hänge die Kunst- und Kulturszene "am Tropf der Stadt", sagt Friedl, und hat auch dafür ein Beispiel parat: das "Degginger", einen Treffpunkt der Kreativwirtschaft, den die Stadt schuf, um "die Szene künstlich zu etablieren", sagt Friedl. Auch bei der Planung von Wohngebieten und öffentlichen Plätzen fordert er, die Ideen der Menschen stärker einzubinden. Bisher funktioniere das nicht, sagt Friedl, der etwa vorhatte, als "soziales Kunstprojekt" eine fünf Meter lange Johannisbeerhecke in der Stadt anzulegen. Doch das Bauamt habe gesagt, das sei "nicht mit der Grünflächenplanung in Einklang" zu bringen. Johannisbeere heißt auf Bairisch auch Ribisl, darum der Name der Liste.
Bald plant Friedl noch größere Aufsteller, die sich mit der Nähe zwischen Politik und Baubranche befassen, Stichwort: Korruptionsaffäre. Die Motive: Häuser, aus deren Fenstern Blut läuft. Der Slogan: "Sie wurden geschmiert, wir bluten." Das Ribisl-Ziel ist der Einzug in den Stadtrat. Den Wettbewerb um den fantasievollsten Kommunalwahlkampf hat die Liste jetzt schon gewonnen.