Kommunalwahl in Bayern:In den Stadträten wird es unübersichtlicher

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Um den Einzug ins Augsburger Rathaus gibt es eine Stichwahl zwischen CSU und SPD. Bislang gab es vier Rathauschefs der CSU und drei der SPD.

(Foto: Imago)

Die Gremien spiegeln nach der Kommunalwahl eine bunte Vielfalt wider. Für einige Oberbürgermeister wird es schwieriger, Mehrheiten zu finden.

Nürnberg

Klarer Verlierer der Stadtratswahl in Nürnberg scheint die SPD zu sein. Konnte ihr OB-Kandidat Thorsten Brehm mit dem Einzug in die Stichwahl einen Achtungserfolg feiern, verlor die bisher mit Abstand stärkste Fraktion wohl 17 Prozentpunkte und stürzt auf 27 Prozent ab. Allerdings gab die Stadt Nürnberg aufgrund technischer Probleme am Montag nur einen Zwischenstand bekannt. Stärkste Fraktion wäre demnach die CSU, die zulegen konnte und auf 34 Prozent kommt. Auch die Grünen legen deutlich zu, sie kämen auf 16 Prozent. Theoretisch möglich wäre in Nürnberg damit ein schwarz-grünes Bündnis. Der Chef der künftig größten Fraktion, Marcus König, tritt aber auf die Bremse. Er erkenne einen "Führungsauftrag" der CSU, wolle aber die Stadt nicht mit knapper Mehrheit regieren. Zugewinne der Grünen gelte es anzuerkennen. König will die Grünen offenbar an einem Bündnis beteiligen, schon weil er bei der OB-Stichwahl, in die er mit leichtem Vorsprung geht, auf grüne Stimmen angewiesen ist. Er will aber wohl auch die SPD am Bündnis beteiligen, schon weil diese über wesentliche Referenten ohnehin an der Stadtregierung beteiligt ist. Von Olaf Przybilla

Augsburg

Florian Freund war so etwas wie das Gesicht der Augsburger Wahlverlierer: Der Fraktionschef der SPD sprüht eigentlich vor Energie, meistens mit einem Lächeln im Gesicht. Nach diesem Ergebnis aber schlich er eher durchs Rathaus: Seine Partei stürzte von 22,4 auf vorläufig 13,5 Prozent ab. "Wenn ich das Gefühl hätte, wir hätten einen schlechten Wahlkampf gemacht", hob er zur Erklärung an. "Aber der Wahlkampf war gut, wir haben keinen Fehler gemacht. Offensichtlich konnten wir uns nicht vom Parteitrend lösen."

In Augsburg regiert bislang ein Dreierbündnis mit CSU, SPD und den Grünen als Juniorpartner. Die CSU hat weiter die meisten Stimmen, der befürchtete große Absturz von 37,7 Prozent auf 30 Prozent blieb zunächst aus. Die Auszählung wird erst am Dienstag beendet sein. "Wir können Großstadt", jubelte deshalb der CSU-Bezirksvorsitzende Volker Ullrich. Zum Gewinner der Stadtratswahl erklärte sich dennoch der bisherige Juniorpartner, die Grünen: Ergebnis im Vergleich zu 2014 auf knapp 25 Prozent verdoppelt, vorläufig 14 statt sieben Sitze. "Das ist ein historisches Ergebnis", frohlockte Spitzenkandidatin Martina Wild, die aber gegen den SPD-Kandidaten Dirk Wurm hauchdünn den Einzug in die Stichwahl gegen CSU-Bewerberin Eva Weber verpasst hat. Die Grünen waren dennoch mit sich im Reinen, in die Koalitionsverhandlungen gehen sie selbstbewusst. Dass sich Schwarze und Grüne in Augsburg gut verstehen, ist kein Geheimnis. Die SPD würde wohl weiterhin gerne mitregieren, diesmal in der Rolle des Juniorpartners. Vielleicht schmieden CSU und Grüne aber auch alleine eine Koalition. Von Florian Fuchs

Landshut

Als Landshuter OB-Kandidatin hätte sich die Grünen-Politikerin Sigi Hagl deutlich mehr Stimmen gewünscht als die 22,6 Prozent, die sie gegen Amtsinhaber Alexander Putz (FDP, 45,5 Prozent) geholt hat. Dafür haben die Grünen bei der Stadtratswahl ihr Ziel voll erreicht. Mit 25,4 Prozent oder elf Sitzen stellen sie erstmals die stärkste Fraktion im Rathaus, ihr Zugewinn beträgt vier Mandate. Hagl spricht von einer "großen Herausforderung". Die Grünen hätten versprochen, "in den nächsten sechs Jahren ökologischer und sozialer Taktgeber zu sein", sagt sie. "Das müssen wir nun einlösen." Bei der CSU herrscht Enttäuschung. Mit 22 Prozent stellt sie nur mehr zehn Stadträte, bisher waren es zwölf. "Zwar haben wir zuletzt noch aufgeholt", sagt Listenführer Thomas Haslinger, "aber es ist ein bitteres Ergebnis." Der Stadtrat ist extrem zersplittert, insgesamt ziehen 13 Parteien und zum Teil kleinste Gruppierungen in ihn ein. Nach Grünen und CSU sind die Freien Wähler mit fünf Mandaten die drittstärkste Fraktion. FDP, SPD und AfD sind mit jeweils drei Stadträten gleich auf. Wobei die FDP von OB Putz zwei Mandate hinzugewonnen und die SPD sich glatt halbiert hat. Die AfD ist erstmals im Stadtrat vertreten. Von Christian Sebald

Regensburg

Da stand er, zerknirscht, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Er habe nicht "erreicht, was ich wollte", sagte Regensburgs suspendierter OB Joachim Wolbergs am Wahlabend. Dritter Platz, Stichwahl verpasst, sein Traum von der Wiederwahl: zerplatzt. Und trotzdem, irgendwie ist Wolbergs auch Gewinner. Sein Wahlverein "Brücke" holt bei der Stadtratswahl knapp 12,5 Prozent. Ein Erfolg, weil es die Brücke erst seit elf Monaten gibt. Wolbergs hat den Verein gegründet, nachdem er die SPD im Groll verlassen hatte. Bei den Sozis haben sie danach gespottet über den "Wolbergs-Fanklub", die "Wolli-Jünger", die dem OB trotz Korruptionsaffäre angeblich blind folgten. Und jetzt? Könnte der Spott auf die SPD zurückfallen, die bei der Stadtratswahl 2014 noch jede dritte Stimme geholt hatte. Nun sind es nur noch gut 12 Prozent - und damit weniger als die Brücke, die der SPD kräftig Stimmen geklaut haben dürfte. Denn zur künftigen Brücke-Fraktion gehören neben Wolbergs voraussichtlich zwei weitere ehemalige SPD-Stadträte, dazu der frühere Vizechef des SPD-Stadtverbandes. Der größte Triumph gehört aber auch in Regensburg den Grünen. Sie haben ihr Ergebnis mehr als verdoppelt und landen mit fast 22 Prozent nur knapp hinter der CSU (knapp 26 Prozent). Obwohl auch ihr Ergebnis schlechter ist als vor sechs Jahren (32,8 Prozent), löst die CSU die SPD als stärkste Fraktion im Stadtrat ab. Ob nun Astrid Freudenstein (CSU) oder Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) die OB-Stichwahl gewinnt - beide werden es nicht leicht haben, im Stadtrat Mehrheiten zu finden. Von Andreas Glas

Ingolstadt

Es ist spannend in Ingolstadt - erstmals seit Jahrzehnten wackelt die CSU-Regentschaft. Amtsinhaber Christian Lösel muss mit Herausforderer Christian Scharpf von der SPD in die Stichwahl, beide landeten mit etwa 33,7 Prozent fast gleichauf. Der Stadtrat wird stark zersplittert sein: elf Parteien und Vereinigungen sind angetreten, alle werden Räte stellen. Die Auszählung lief am späten Montagnachmittag noch. Gegen Ende lag die CSU bei gut 27 Prozent (2014 waren es fast 45), die SPD um 18 und die Grünen um 15 Prozent. Platz vier und fünf nehmen Freie Wähler und AfD ein, wohl je vier Sitze. Der Rest verteilt sich breit. Interessant wird, wie sich die Parteien mit Aufrufen zur Stichwahl verhalten. Scharpf verweist auf sechs Zusagen, die er bereits in Gesprächen erhalten habe; als OB wolle er überparteilich agieren. Von Johann Osel

Erlangen

Klimathemen spielen in der Unistadt Erlangen eine große Rolle. Aus den Reihen der Friday-for-Future-Aktivisten erwuchs gar eine eigene Klimaliste für die Stadtratswahl, OB-Kandidat Sebastian Hornschild bekam immerhin 1,3 Prozent. Den erhofften grünen Schub aber schafften weder die Klimaliste noch die etablierten Grünen in Erlangen. Die OB-Kandidatin der Grünen, Susanne Lender-Cassens, erreichte nur 13,5 Prozent. Auch in Erlangen wählten die Bürger in Coronazeiten lieber die beiden großen Parteien. Der amtierende OB Florian Janik (SPD) bekam 39,2 Prozent, er muss sein Amt in der Stichwahl gegen Jörg Volleth (CSU) verteidigen. Wie sich der Erlanger Stadtrat zusammensetzt, stand am Montag noch nicht fest. In Kempten hatten sie da schon vorläufig ausgezählt: Dort haben die Klimaaktivisten ihr Ziel erreicht. Auf den Wahlzettel hatte es "Future for Kempten" nur knapp geschafft. Nun bekam die FFK-Liste immerhin gut fünf Prozent. Damit ziehen die Spitzenkandidaten Julius Bernhardt, 20, und Dominik Tartler, 18 in den Stadtrat ein. Von Anna Günther

Passau

Das ist kurios: Die Passauer SPD hat die Stadtratswahl gewonnen und verloren. Gewonnen hat sie, weil sie mit 23,17 Prozent der Stimmen oder zehn Sitzen stärkste Fraktion geworden ist. Verloren hat sie, weil sie bis dato zwölf Mandate innehat. Die CSU wiederum, die bis dato ebenfalls zwölf Stadträte stellt, kommt nur noch auf neun. Insgesamt sind die Verhältnisse für den im ersten Wahlgang wiedergewählten OB Jürgen Dupper (SPD) deutlich unübersichtlicher geworden. Er hat es nun mit zehn Parteien und Gruppierung zu tun. Bisher waren es sieben. Neu sind die AfD (3,71 Prozent, zwei Sitze), die Linke (2,64 Prozent, ein Sitz) und Zukunft Passau (2,6 Prozent, ein Sitz). Dafür steigern sich die Grünen (16,67 Prozent) von vier auf sieben Mandate. Sie überholen sogar die in Passau klassisch starke ÖDP (13,09 Prozent, erneut sechs Mandate). Damit ist unklar, ob der ÖDP-Politiker Urban Mangold zweiter Bürgermeister bleiben kann. Von Christian Sebald

Straubing

Der Straubinger CSU-OB Markus Pannermayr hat sein Amt mit 73,2 Prozent der Stimmen souverän verteidigt. Aber die Straubinger CSU hat ihre absolute Mehrheit im 40-köpfigen Stadtrat verloren. Sie kommt nur noch auf 46,57 Prozent der Stimmen. Damit hat sie künftig 18 statt bisher 21 Mandate. Aber auch sonst sind die Verhältnisse unübersichtlicher geworden. Bislang gehören fünf Parteien und Gruppierungen (CSU, Grüne, Freie Wähler, SPD und ÖDP) dem Stadtrat an, in der kommenden Amtsperiode sind es acht: Neu sind außer der AfD (drei Mandate) die Linke und die FDP (je ein Mandat). Einziger Gewinner unter den bisher vertretenen Parteien sind die Grünen, die nun fünf statt bisher drei Stadträte stellen. Von Christian Sebald

Rosenheim

Das Minimalziel hat Andreas März für die Rosenheimer CSU erreicht: Bei der OB-Wahl holte er mit 45,6 Prozent die meisten Stimmen. Um eine Stichwahl gegen den Grünen Franz Opperer (22,5 Prozent) kommt er aber nicht herum, was der 18 Jahre lang regierenden CSU-Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer mit ihren zuletzt mehr als 69 Prozent nicht passiert ist. Auch im Stadtrat bleibt die CSU stärkste Fraktion, muss aber Verluste hinnehmen. Ihr Stimmenanteil fiel im Vergleich zu 2014 von 47,3 auf 36,4 Prozent, damit hält sie statt bisher 21 Sitzen nur noch 16. Der Abstand zu den Grünen mit elf Sitzen ist im einstmals verlässlich schwarzen Rosenheim zumindest nicht mehr riesig, wie überhaupt die Grünen ihr Ratsergebnis um mehr als neun Prozentpunkte auf 25,1 Prozent verbessert und der SPD den Rang als zweitstärkste Kraft abgelaufen haben. Die Sozialdemokraten fünf Räte. Nicht einmal halb so viele wie die Grünen. Von Matthias Köpf

Würzburg

Bei Kommunalwahlen ist Gewinnen und Verlieren eine relative Sache. Die Grünen haben die OB-Wahl in Würzburg verloren, ihr Kandidat Martin Heilig hatte sich in der Universitätsstadt mindestens den Einzug in die Stichwahl versprochen. Aber Wahlverlierer sind die Grünen nicht. Im Gegenteil: Sie legen enorm zu und werden mit mehr als 32 Prozent stärkste Fraktion. Die CSU verliert leicht und ist künftig mit 29 Prozent zweitstärkste Kraft. Von Olaf Przybilla

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