Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Bayern:Bekannte Gesichter

Kandidaten wie Alfons Hörmann oder Hans Söllner sind bekannt - allerdings nicht unbedingt als Politiker. Hans Reichhart dagegen kennt man als ehemaligen Verkehrsminister. Hilft der Promibonus?

Von Florian Fuchs und Matthias Köpf, Bad Reichenhall

Seinem Tourplan zufolge tritt Hans Söllner am 29. März in der Stadthalle von Meßkirch in Baden-Württemberg auf. Dabei könnte es an dem Tag daheim in Bad Reichenhall zur Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters kommen, und um das bewirbt sich schließlich auch Söllner selbst. Der rebellische Liedermacher, der schon in den Achtzigerjahren gerne gegen alle allzu engen Verhältnisse ansang und später als bekennender Rastafari seine Religionsfreiheit auf Marihuanakonsum einforderte, ist einer von wenigen Bürgermeister- oder Landratskandidaten, die es auch außerhalb der Lokalpolitik zu einiger Bekanntheit gebracht haben.

Eine erste Auszählung hat Söllner in Bad Reichenhall sogar schon überstanden: 200 Bürger haben per Unterschrift seine Kandidatur unterstützt, 20 mehr als nötig und auf den allerletzten Drücker. Doch Söllner, der mit seinen 64 Jahren auch als OB-Kandidat den Revoluzzer gibt, ist da sowieso Minimalist. 50 Euro habe sein Wahlkampf bisher gekostet, hieß es vor einigen Tagen und mehr sei bis zur Wahl auch nicht geplant. Auch mit konkreten politischen Plänen blieb Söllner bisher sparsam. Immerhin schlug er vor, das benachbarte Anger so interessant zu machen, dass die Angerer dort bleiben und keinen Rufbus nach Bad Reichenhall benötigen. Den Schulunterricht will Söllner in der Frühe klassenweise versetzt beginnen lassen, um den morgendlichen Verkehr zu entzerren.

Hans Reichhart dagegen hat eher die klassischen Themen im Repertoire, das kommt ihm gerade recht. "Ich merke schon, dass ich gut in den Thematiken drin stecke, von dem Vorwissen profitiere ich jetzt." Ist ja auch praktisch, wenn die Leute im Landkreis Günzburg sich um die Verkehrsprobleme sorgen und dann der frühere Verkehrsminister der CSU um die Ecke biegt. Seit dem 1. Februar ist Reichhart nicht mehr Mitglied im Kabinett, er tingelt jetzt als CSU-Landratskandidat über die Dörfer und unterhält sich über Fahrradwege und den Nahverkehr. Dass Reichhart vor kurzem noch Minister war, sei für ihn praktisch, bei den Wählern aber kaum ein Thema, sagt er. "Ich bin darauf in den letzten zwei bis drei Wochen zwei Mal angesprochen worden. Das spielt für die Leute kaum eine Rolle."

Beim Thema Verkehr könnte Reichhart auch zum Oberallgäu einiges sagen. Als Verkehrsminister hat er dort noch über die Einführung eines 100-Euro-Tickets diskutiert. Aber da muss sein CSU-Kollege Alfons Hörmann nun schon alleine durch, der sich dort ebenfalls als Landrat bewirbt. Der scheidende Landrat Anton Klotz möchte ein 100-Euro-Ticket einführen, die Stadt Kempten sperrt sich. Hörmann findet, dass sich seine Bekanntheit im Wahlkampf in Besucherzahlen ausdrückt: Die sind bei seinen Auftritten in den vergangenen Wochen tendenziell höher gewesen als bei unbekannteren Kandidaten.

Einen Vorteil durch seine Prominenz sieht er für sich allerdings nicht. Hörmann ist in der Lokalpolitik schon lang aktiv, bekannt ist er aber vor allem als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Und da muss er sich im Wahlkampf schon das eine oder andere mal erklären. Auf seiner Homepage hat er sogar eine Erklärung hinterlegt, wie er das DOSB-Ehrenamt mit seiner Arbeit als Landrat vereinbaren möchte. Seine Kontakte, die er durch sein sportpolitisches Engagement hat, könnten ihm als Landrat helfen, sagt er. Außerdem, antwortet er immer wieder auf Nachfragen, habe er ja bislang beruflich auch Unternehmen geleitet und für den DOSB gearbeitet.

Speziell Sportfans ist auch Wolfgang Nadvornik bekannt, etwa als Moderator der Sportschau und von Blickpunkt Sport im BR. Nach größerem öffentlichen Aufsehen wegen kleinerer Verkehrsdelikte verbannte der BR Nadvornik 2011 vom Bildschirm. Seither arbeitet er als Tennislehrer und moderiert mittlerweile für Eurosport. Er bewirbt sich für die CSU als Bürgermeister von Waldkraiburg im Landkreis Mühldorf, weil er wie alle Waldkraiburger einen besonderen Stolz auf die einstige Vertriebenenstadt spüre und keiner von denen sein wolle, die von der Couch aus kritisieren, sagt Nadvornik, der nach eigener Beschreibung "mit Sicherheit der grünste und sozialste schwarze Bürgermeister in ganz Bayern" wäre. Ob ihm sein Status als zweiter prominenter Waldkraiburger neben Peter Maffay da hilft oder eher Vorbehalte erzeugt, werde sich in wenigen Tagen zeigen.

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SZ vom 13.03.2020/lfr
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