Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Bayern:Wieder Streitereien in der AfD

Der Straubinger OB-Kandidat tritt aus der Partei aus, der Vorsitzende in Würzburg soll seines Amtes enthoben werden: Die Bayern-AfD gerät im Kommunalwahlkampf in zwei Städten in massive Turbulenzen.

Von Johann Osel und Olaf Przybilla

Die Bayern-AfD gerät im Kommunalwahlkampf in zwei größeren Städten in massive Turbulenzen. In Straubing erklärte am Montag der Bewerber für das Amt des Oberbürgermeisters, Simon Bucher, seinen Austritt aus der Partei - wegen "rechtsextremer Tendenzen einzelner Kandidaten auf der Stadtratsliste". In den vergangenen Wochen sei es immer schwieriger zu erkennen gewesen, "wie und ob sich die AfD extremistisch abgrenzt", schrieb er in einer Erklärung. Er war bisher Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten und bayerischen Landesvorsitzenden Corinna Miazga. In Würzburg führt ein Fall von mutmaßlich antisemitischen Äußerungen eines AfD-Funktionärs wohl zu Anzeigen wegen Volksverhetzung.

Das niederbayerische Straubing ist für die AfD von einiger Relevanz, weil dort bei der Bundestags- und Landtagswahl überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt wurden. Zudem ist es der Wahlkreis der Landeschefin, die auch für den Stadtrat kandidiert. Bucher, 24, ist nicht nur OB-Kandidat, sondern steht auch auf Platz eins der Liste. Er verwies auf jüngste "Umstände und Erkenntnisse" - auf Facebook und bei einer Mahnwache seien von Listenkollegen Sätze gefallen, die "rassistisch und herabwürdigend" seien; ranghohe Funktionäre hätten sich daran nicht gestört. "Begriffe des Rechtsextremen und des Faschismus mit der einhergehenden Intoleranz und Verfassungsfeindlichkeit sind nichts, womit ich mich identifizieren oder es gar verkörpern könnte." Er verlasse die AfD im Wahlkampf, weil er sich so ansatzweise "Erhalt von Glaubwürdigkeit" erhoffe.

Miazga teilte mit, sie habe Bucher nach dem Austritt als Leiter ihres Wahlkreisbüros gekündigt. Die Vorwürfe sieht sie "als üble Nachrede und Ablenkungsmanöver von seinen sehr persönlichen Beweggründen". Da Buchers Kandidatur nicht mehr rückgängig zu machen sei, rief sie die Wähler auf, seinen Namen auf dem Wahlzettel durchzustreichen. Es werde im Stadtrat keine Zusammenarbeit geben. In der Rolle als OB-Kandidat habe sie ihn "schon immer für überfordert" gehalten, als Mitarbeiter habe er "Probleme" verursacht und eine Abmahnung erhalten. Außerdem habe er eine inzwischen beendete Beziehung mit einer Kandidatin der Linken gehabt. "Eine Freundin von den Linken zu haben, könnte ich noch tolerieren, aber statt Wahlkampfarbeit für die AfD zu machen, ließ Bucher sich immer häufiger öffentlich mit Parteimitgliedern der Linken sehen." Das sei an der AfD-Basis kritisiert worden.

Im zweiten aktuellen Krisenfall will der unterfränkische Parteivorstand erreichen, dass der Würzburger AfD-Chef Herold Peters-Hartmann seines Amtes enthoben wird. Nach Angaben des Landtagsabgeordneten und Bezirkschefs Richard Graupner habe man einstimmig beschlossen, beim Landesschiedsgericht eine Amtsenthebung gegen Peters-Hartmann sowie dessen Stellvertreter zu beantragen. Hintergrund ist ein journalistisches Video, auf dem zu sehen ist, wie Peters-Hartmann bei einem Infostand von "drei Blöcken" in Deutschland spricht: Christen, Muslimen und Juden. Zu Letzteren behauptet er, sie hätten wirtschaftlich und kulturell "sehr, sehr viel Einfluss". Das sei ein "ganz großes Problem". Nach Bekanntwerden des Videos hatte unter anderem Würzburgs OB Christian Schuchardt (CDU) Anzeige wegen Volksverhetzung angekündigt. Peters-Hartmann fühlt sich missverstanden, seine Äußerungen seien nicht antisemitisch gemeint gewesen, das habe er auch die Partei wissen lassen. Von dem entsprechenden Beschluss des Bezirksverbands wisse er nichts, sollte dieser so ergangen sein, sei dies "starker Tobak", sagte er der SZ.

Graupner drängt nun auf "schnellstmögliche Durchsetzung" von Disziplinarmaßnahmen. Neben der Amtsenthebung sollen die beiden Funktionäre zwei Jahre lang von allen Parteiämtern gesperrt werden. Den Beschluss des Bezirksverbands wertet Graupner als "klaren Beleg", dass die AfD antisemitische Äußerungen nicht dulde.

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SZ vom 04.03.2020/vewo
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