Kommentar:Schade, schönes Land der Bayern

Statt die Zersiedelung der Landschaft zu bremsen, wollte Heimatminister Markus Söder das Anbindegebot von Gewerbegebieten sogar lockern. Der Protest war massiv, die Staatsregierung rudert nun zurück

Kommentar von Sebastian Beck

Man muss nur mit offenen Augen durch Bayern fahren, um zu sehen, dass schon jetzt jeder bauen kann, wo er will. Gewerbegebiete entstehen weit abseits der Ortsränder und bevorzugt an Autobahnausfahrten. Bauern dürfen ihre riesigen Stallungen und Biogasanlagen nach Gutdünken in der freien Landschaft aufstellen. Vor allem entlang von Fernstraßen wuchern seit 20 Jahren neuartige Siedlungsstrukturen, die weder der Stadt noch dem Land zugerechnet werden können, aber eins gemeinsam haben: Sie sprengen mit ihrer Größe alle Maßstäbe und sind einzig für den Autoverkehr geplant. Fußgänger und Radfahrer haben hier nichts verloren.

So gedankenlos Stadt- und Gemeinderäte handeln, wenn es um Ausweisungen von Bauland geht, so besessen sind sie auf der anderen Seite von Details: Vielerorts schreiben sie sogar die Farbe der Fensterläden ("mittel- bis dunkelgrün") vor. Das sind die Absurditäten des Planungsrechts.

Zugleich werden als Folge dieser Politik nicht nur in Bayern Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Erholung immer stärker von einander getrennt. Entsprechend nimmt der Verkehr zu: Auf der Autobahn A 95 stauen sich abends die Ausflügler inzwischen bis zu 40 Kilometer lang - von Beuerberg bis zur Stadtgrenze. Gegen die damit verbundenen Belastungen will sich nicht nur München mit Fahrverboten wehren.

Mindestens ebenso wichtig aber wären endlich klare landesplanerische Regelungen, die dabei helfen, den Verkehr zu vermeiden und die Zerstörung der geerbten Kulturlandschaft wenigstens etwas bremsen. Die Staatsregierung und allen voran Heimatminister Markus Söder aber verfolgten genau das gegenteilige Ziel: Sie wollten das Anbindegebot von Gewerbegebieten sogar weiter lockern - ein Förderprogramm geradezu für Zersiedelung und Autoverkehr.

Weil das Echo darauf verheerend ausfiel, soll es nun einige Korrekturen geben. Sie sind kaum mehr als Sprachkosmetik, aber kein Kurswechsel. Schade um das schöne Land der Bayern.

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