Süddeutsche Zeitung

Korruptionsaffäre in Regensburg:Wolbergs sollte nicht über Rückkehr reden, sondern über Rücktritt

Ob Regensburgs suspendierter Oberbürgermeister nur naiv oder kriminell war, ist noch ungeklärt. Entscheidend ist, dass er der Stadt geschadet hat.

Kommentar von Andreas Glas

Regensburgs suspendierter Oberbürgermeister hat sich in einer Videobotschaft zu Wort gemeldet. Dass sich Joachim Wolbergs öffentlich gegen den Vorwurf der Bestechlichkeit zur Wehr setzt, ist sein gutes Recht. In möglichen Prozessen muss die Staatsanwaltschaft ja erst nachweisen, dass er sich unerlaubt mit Bauunternehmern abgesprochen hat. Auch dass ihm missfällt, wenn die Presse über die Vorwürfe der Justiz berichtet, ist nachvollziehbar.

Wem bereitet schon Freude, wenn so unschöne Sachen über einen in der Zeitung stehen? Und trotzdem: Wenn Wolbergs beteuert, er habe immer nur zum Wohle der Regensburger gehandelt, ist das eine Frechheit gegenüber dem Bürger. Sein Gemeinwohl-Gelübde mag juristisch gesehen eine plausible Verteidigungsstrategie sein. Politisch gesehen ist es ein Beleg, dass Wolbergs den Titel "Oberbürgermeister" nicht verdient hat.

Was Wolbergs ignoriert: Den Bürger interessiert nicht nur, ob es Beweise für Absprachen gibt. Den Bürger interessieren auch die Fakten, die längst auf dem Tisch liegen: Der OB hat mehrere Hunderttausend Euro an Parteispenden aus der Bauindustrie angenommen - obwohl er wissen musste, dass es immer wieder Berührungen geben würde zwischen den Firmen und der Stadtpolitik.

Und er war Wächter über die Kontoauszüge mit den Namen der Spender. Auch falls es keine Absprachen gab: Um zu erkennen, dass zahlreiche Spendernamen aus dem Umfeld der Bauindustrie stammen, braucht man nur kurz zu googeln. Ein OB, der da keinen Versuch der Einflussnahme wittert, muss schon blauäugig sein - oder womöglich kriminell.

Es ist Aufgabe eines Oberbürgermeisters, bereits den Anschein der Käuflichkeit zu vermeiden. Ob Wolbergs nun kriminell oder blauäugig gehandelt hat, ist also erst mal nebensächlich. Entscheidend ist, dass sein Handeln Stadt und Amt einen Schaden beschert hat - und damit das Gegenteil von Gemeinwohl. Wäre ihm das Wohl der Bürger wichtig, würde er nicht über Rückkehr reden, sondern über Rücktritt.

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SZ vom 09.11.2017/amm
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