Kommentar:Mit der Brechstange

Der offene Streit um eine Reform des kommunalen Wahlrechts ist eine erneute Machtdemonstration von Horst Seehofer gegenüber der CSU-Fraktion

Von Katja Auer

Es ist nicht neu, dass Ministerpräsident Horst Seehofer gerne seinen Kopf durchsetzt. In der Regel bekommt er seinen Willen. Der entspricht Seehofers Meinung nach dem des Volkes, wie damals, als er überraschend den Donauausbau abgeblasen oder die Debatte über die dritte Startbahn am Münchner Flughafen eröffnet hat, die in der Fraktion eigentlich beschlossene Sache war. Den Abgeordneten bleibt meist nichts anderes übrig, als sich dem Willen des Chefs zu fügen. Seehofer hat sich die CSU längst untertan gemacht.

So zweifelt auch kaum jemand daran, dass Bayern zum neunjährigen Gymnasium zurückkehrt, weil Seehofer und vermeintlich das Volk es so wollen. Zwar dauert die Debatte noch an, und der CSU-Chef will angeblich die Fraktion entscheiden lassen. Aber dass die sich gegen seine Wünsche stellt, ist schwer vorstellbar.

In der Diskussion über die Wahlrechtsreform hat Seehofer den Streit mit den Abgeordneten und Fraktionschef Thomas Kreuzer offen eskalieren lassen. Er wirft seinen Parteifreunden eine verantwortungslose Politik zu ihrem eigenen Nutzen vor. Das sind harte Worte. Zumal am Tag vor seiner umstrittenen Russland-Reise, die von dem internen Konflikt nun beinahe überlagert wird.

Seehofer demonstriert damit wieder einmal, diesmal besonders brachial, seinen Politikstil, seine Koalition mit den Bürgern, wie er das bezeichnet. Es gehe um seine politische Grundüberzeugung, sagt er, von der will er nicht weichen. Er demonstriert aber auch die Macht, die er in der CSU hat. Bald wird er kundtun, ob er als Ministerpräsident und Parteichef weitermacht. Wenn er das tut, wovon viele ausgehen, wird er die Partei auf seinen Stil, auf seine politischen Überzeugungen einschwören müssen. Für die CSU geht es bei der Bundestagswahl im Herbst um viel und um noch mehr bei der Landtagswahl im nächsten Jahr. Große Kratzer in ihrer stets propagierten Geschlossenheit kann sich die Partei nicht erlauben. Und die CSU braucht Horst Seehofer. Noch. Auch wenn er ihr einiges abverlangt.

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