Komiker Norbert Neugirg im Gespräch:"Der Franke ist auch Masochist"

Die Fastnacht in Veitshöchheim ist ein Straßenfeger - doch warum? Komiker Norbert Neugirg über Humor in Bayern und worüber die Franken lachen.

Uwe Ritzer

Die Prunksitzung des Fränkischen Fastnachtsverbands ist seit Jahren der Quotenhit im Bayerischen Fernsehen. Bei keiner anderen Sendung des BR schalten mehr Zuschauer ein. Am Freitag ist es wieder so weit. Dann wird auch die Altneihauser Feierwehrkapell'n aus der Oberpfalz auftreten und sich wieder über die Franken lustig machen. Franken und Humor - gibt es das überhaupt? Ein Interview mit dem Altneihauser-Kapellmeister und Komiker Norbert Neugirg.

Altneihauser Feierwehrkapell'n - Norbert Neugirg

Norbert Neugirg von der Altneihauser Feierwehrkapell'n: "Die subtile Hinterfotzigkeit der Altbayern liegt den Franken nicht so."

(Foto: dpa)

Herr Neugirg, warum lachen alle über die Franken?

Tun sie das? Ich glaube eher, die Franken machen einfach eine Fernsehsendung, über die man lachen kann. Wo aber auch im Speziellen wir Oberpfälzer, Altbayern oder Schwaben uns über die Franken lustig machen können. Und das ausgerechnet im Olymp der fränkischen Selbstbeweihräucherung, in Veitshöchheim.

Und die Franken lachen mit?

Eine gewisse Selbstironie haben sie schon. Wenn auch nicht so viel wie wir. Ein Oberpfälzer ist lange zurückhaltend und grüblerisch. Aber wenn er loslegt, wird er hinterfotzig und ist nicht mehr zu halten. Da hält kein Franke mit.

Worüber lachen die Franken?

Gegenüber der Obrigkeit sind sie sehr aufmüpfig. Aber sie brauchen den Deckmantel der Narretei, unter dem sie Missstände anprangern. Blödeln tun sie gern und gut, aber die subtile Hinterfotzigkeit der Altbayern liegt den Franken nicht so. Ansonsten lachen sie gern über andere. Über uns Altneihauser zum Beispiel. Da kommt eine abgehängte Blaskapelle daher, ein heruntergekommener Haufen, der eine Wurstigkeit mitbringt, die dem Franken völlig abgeht. Wenn wir dann die erste Salve abfeuern und in Fahrt kommen, dann schluckt er schon. Und dann freut er sich. Denn der Franke ist auch ein bisschen Masochist.

Franken gelten gemeinhin nicht als geselliger Volksstamm. Warum sind ausgerechnet sie im Fasching so erfolgreich?

Der Franke geht sonst nicht gern aus sich raus, aber in der Fastnacht lässt er es krachen. Sie ist sein Ventil. Diese Fastnachtsseligkeit ist nicht so authentisch wie im Rheinland, wo man jede Frau abschmusen oder bis Aschermittwoch mit heim nehmen kann, und keiner sagt was. Der Franke lebt seine Faschingsseligkeit exakt aus. Die fränkische Kapitale Nürnberg ist eine alte Handelsstadt. Da ist man Buchführung, Rechnen, Protokolle schreiben und planen gewohnt. Das strahlt auch ins Umland aus. Da wird plangemäß geschunkelt weil sich das so gehört. Jede Pointe ist exakt vorbereitet. Kein Wunder, dass die besten Prinzengarden aus Franken kommen.

Und der Altbayer?

Er ist anarchistischer. Er ist das ganze Jahr über derber, spöttischer und hinterfotziger. Der Ober- oder Niederbayer ist nicht so narrisch drauf, dass er im Fasching als Indianer oder Dolly Buster herumläuft.

Welche Rolle spielt der Dialekt? Wenn jemand bayerisch redet, finden das die Zuhörer sympathisch. Bei Fränkisch verdrehen viele die Augen.

Das ist eigentlich ungerecht und nur deswegen so, weil der bayerische Dialekt durch viele Rundfunk- und Fernsehsendungen viel präsenter und hoffähiger ist. Und, na ja: Wenn der Beckenbauer redet klingt das hübscher als beim Lothar Matthäus. Auch wenn beide nix sagen.

Die Franken - Pioniere des bayerischen Humors?

Bundesweit aber ist die Fastnacht in Franken die erfolgreichste Sendung des BR. Sind die Franken also doch die Pioniere bayerischen Humors?

Schmarrn. Gstanzl singen und die Leut' derblecken hat in Altbayern eine sehr lange Tradition. Da gab es den Weiß Ferdl und den Roider Jackl. In München fanden solche Leute ihre Kabarettbühnen, die Brett'l und Volkstheater. So etwas gibt es in Franken erst seit Volker Heißmann und Martin Rassau 1998 die Fürther Comoedie eröffnet haben.

Franken hatte früher die Peterlesboum und Herbert Hisl, die bundesweit erfolgreich waren. Heute sind es Urban Priol und Frank-Markus Barwasser, alias Pelzig, die glänzen.

Die Figur Pelzig würde auch in jedem anderem Dialekt funktionieren, denn Kleinkariertheit gibt es überall. Sie ist nicht typisch fränkisch. Der Erfolg von Priol und Barwasser liegt allein an der Qualität dieser beiden außergewöhnlichen Kabarettisten. Ihre Sprachfärbung und ihre Herkunft sind egal.

Warum ist dann die "Fastnacht in Franken" so erfolgreich?

Sie ist zum Ritual geworden. Geschickt und behutsam aufgebaut, immer am selben Ort, mit etablierten Künstlern und immer wieder neuen Leuten, die meistens gleich einschlagen. Die Franken haben erstklassige Humoristen. Außerdem sitzen die Politiker als beliebte Opfer im Saal. Das ist wie am Nockherberg. Jeder will sehen, wie die reagieren, wenn ihnen der Spott um die Ohren fliegt. Die Sendung ist kabarettistischer als die aus dem rheinischen Karneval.

Worüber kann der Franke partout nicht lachen?

Wenn man so richtig g'schert wird, ist er empfindlich. Oberpfälzer, Ober- oder Niederbayern sind genetisch hart im Nehmen. Wenn man ihnen etwas an den Kopf wirft, halten sie mehr aus. Man sieht das auch bei Politikern: Dem Seehofer knallt man etwas hin und der schüttelt sich. "Mir doch wurscht", denkt der sich und lacht. Der Söder schaut beleidigt.

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