Landespolitik:Die Koalition wird schweinchenrosa

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Wahlkampf und Corona-Knatsch sind vorbei, CSU und FW zeigen sich wieder harmonisch - und im Zeichen der Sau. Über Söders und Aiwangers gemeinsamen Kampf fürs Schnitzel.

Glosse von Johann Osel

"Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werden die Menschen merken, dass man Geld nicht essen kann." Das in der Öko-Bewegung beliebte Zitat zierte in den Achtzigern das Heck vieler Autos, vereinzelt sogar auf dem oberbayerischen Land. Dort war das freilich eine Seltenheit und die rotbackigen Handwerker- und Kleinbeamtenkinder - Sprösslinge von "kleinen Leuten mit gesundem Menschenverstand" würde FW-Chef Hubert Aiwanger sie wohl nennen - standen verdutzt an dem Wapperl und versuchten sich in der Deutung. Die Buben wussten nur, dass das Autos von "Gstudierten" waren, bei denen, hatte einer gehört, dauernd Gemüse auf den Tisch kommt. Heute braucht es derlei Bekenntnisse am Auto nicht mehr, weil der Klimawandel in aller Munde ist und der Slogan überm Auspuff eher als Karikatur durchginge.

Aiwanger trug dieser Tage eine Neuauflage vor. Erst wenn man an der Kühltheke über das letzte Schnitzel oder die letzte Bratwurst streite, es keinen Nachschub bei Lebensmitteln gebe und es politisch "rundgehen würde" im Land, werden die Menschen merken . . . - na was? Dass Schweinehalter "politisch zu wenig wertgeschätzt" werden, so seine Botschaft beim Dreikönigstreffen der FW. Hintergrund: Der Preis für Schlachtschweine verharrt auf niedrigem Niveau, weil das kaum Kosten deckt, erwägen viele Bauern den Ausstieg. Aiwanger befürchtet leere Ställe und Importabhängigkeit.

In dem Auftritt steckt indes noch eine Botschaft: Die Koalition aus CSU und FW steht inzwischen wieder zusammen, nach dem gegenseitigen Piesacken im Wahlkampf und Knatsch um Corona-Regeln und Impfen herrscht neue Harmonie. Im Zeichen der Sau stehen Ministerpräsident Markus Söder und sein Vize Seit an Seit. Neulich zettelte Söder einen Fleischstreit mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir an, zu seinem Geburtstag postete er ein Foto vom Grillen; da lag ein mittlerer Stall an Schweinebauch auf dem Rost. Der Leberkäs hat es Söder zudem angetan, so verpasste er dem Freistaat das Motto "Leberkäs und Lasern". Deckt sich mit Aiwanger, Urheber der These, Bauarbeiter, die nur einmal die Woche Fleisch kriegen, fallen vom Gerüst. Nun, 2023 ist Landtagswahl, ewig wird man die Koalition nicht in schweinchenrosa malen. Derzeit ist es aber so: Das letzte Schnitzel würden sich Söder und Aiwanger glatt teilen.

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