Vom Wochenende bis Ende Mai wird im Kloster Seeon eine Ausstellung mit dem Titel „Die Künstlerin Elisabeth Kronseder und die Seeoner Brunnenfigur ,Der Fischerbub‘“ zu sehen sein. Am späten Freitagnachmittag ist Vernissage dort im Kultur- und Bildungszentrum des Bezirks Oberbayern, erwartet werden der Bezirkstagspräsident, dessen Grußwort sowie etliche andere Gäste und Beiträge. Leider nicht da sein werden dagegen die beiden zentralen Figuren der Schau. Die Künstlerin Elisabeth Kronseder sowieso nicht, denn sie ist 1990 mit 100 Jahren gestorben. Und ihr Fischerbub ist irgendwann vor einigen Wochen vom Klosterareal verschwunden und seither nicht wieder aufgetaucht.
Auch der Fischerbub fehlt aber gewissermaßen entschuldigt. Denn die Kulturabteilung des Bezirks hat gleich nach seinem Verschwinden bekräftigt, die schon vor längerer Zeit angekündigte Ausstellung trotzdem zu zeigen. Dass das zentrale Exponat beizeiten wieder auftauchen könnte, hat kaum mehr jemand geglaubt. Dabei war auch die Idee zu der Schau einer Wiederentdeckung des Buben zu verdanken. Die Bronzefigur war lange Zeit unbehelligt am Ufer des Klostersees gestanden, bis sie 2019 wegen Umbauarbeiten auf einem Dachboden eingelagert wurde. Erst das eröffnete die Möglichkeit, den Fischerbuben dort später mehr oder weniger unverhofft wieder aufzufinden, zusammen mit Skizzen Kronseders und einem Brief, der sie als Urheberin der Figur auswies.

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Diese Skizzen werden nun auch gezeigt, dazu Gemälde, Radierungen und andere Skulpturen der Künstlerin. Die hat im Laufe ihres langen Lebens eine vierstellige Zahl von Werken geschaffen, darunter fast 200 größere Figuren, von denen die meisten irgendwo rundherum im Chiemgau stehen. Der etwa 80 Zentimeter hohe „Fischerbub“ hatte erst seit dem Herbst seinen letzten bekannten Standort am Seeufer eingenommen. Definitiv weg ist er seit spätestens 22. Januar, aber seit wann genau, haben auch die Ermittler der Polizeiinspektion Trostberg nicht herausgefunden.
Immerhin gibt es eine Vermutung, wann er wohl nicht weggekommen ist: von 6. bis 8. Januar, denn während der Winterklausur der CSU-Landesgruppe war die Polizeipräsenz hoch im Kloster Seeon und die Zufahrt für unbekannte Autos unmöglich. Und dass jemand die rund 100 Kilogramm schwere Figur zu Fuß oder mit dem Rad abtransportiert hat, hält die Polizei für „eher unwahrscheinlich“. Womöglich haben die Diebe die Bronze zum Materialwert zu Geld gemacht.
Der Fischerbub wäre nicht das erste Kunstwerk, das aus diesem Grund verschwunden ist. Sogar Zeiger von Kirchturmuhren wurden anscheinend schon abmontiert, und dort im Landkreis Traunstein sind auch mal marodierende Metalldiebe über mehrere Friedhöfe gezogen. Genau wie reines Kupfer lässt sich auch Bronze beliebig oft einschmelzen und neu gießen. Recycling wäre da zwar sicher kein sehr kunstsinniges Wort. Aber vielleicht wird ja wenigstens wieder was Schönes draus.