Klimawandel:Wie der Silvaner an die Spitze der Frankenweine rückt

Weinlese in Franken

Der Silvaner ist kurz davor, den Müller-Thurgau als meist angebaute Sorte zu verdrängen.

(Foto: dpa)
  • Der Silvaner kommt - anders als befürchtet - mit dem Klimawandel gut zurecht.
  • In den vergangenen beiden Jahren freuten sich die Winzer über vollreife Trauben mit hohem Zuckergehalt.
  • Der Silvaner soll nun das Aushängeschild der fränkischen Winzer werden.

Von Claudia Henzler, Würzburg

Vor einigen Jahren haben sich Freunde des fränkischen Weins große Sorgen um die Zukunft ihrer Lieblingssorten gemacht. Sind Klassiker wie Silvaner und Müller-Thurgau durch den Klimawandel in Gefahr? Wird Franken gar zum Rotweinland?

So lauteten die schlimmsten Befürchtungen. Nun zeigt sich: Der Silvaner hat in den vergangenen Jahren nicht nur an Bedeutung gewonnen, die Rebsorte kommt mit den sich ändernden Bedingungen offenbar gut zurecht.

So jubelte im vergangenen Jahr das traditionsreiche Privatweingut Wirsching in Iphofen: "Der Silvaner ist der große Gewinner des Klimawandels und brillierte auch in diesem Jahr." Viele Winzer freuten sich in den vergangenen beiden Sommern über vollreife Trauben mit hohem Zuckergehalt, eine Grundlage für zwei gute Jahrgänge und zahlreiche Prämierungen.

Konsequenterweise soll der Silvaner nun das Aushängeschild der fränkischen Winzer werden. Der fränkische Weinbauerverband und die mehr als 4000 Winzer wollen sich in Zukunft mit dem Slogan "Franken ist die Silvanerheimat seit 1659" auf dem Weinmarkt positionieren. Er soll den bisherigen Werbespruch "Franken - Wein mit Charakter" ablösen.

Viele Anbaugebiete setzen schon lange auf eine Signatursorte, wie den Pinot im Burgund oder den Riesling im Rheingau. Hinzu kommt, dass sich Frankenweine ohnehin schon vor langer Zeit von Verschnittweinen zu reinen Sorten entwickelt haben und den Namen einer einzigen Rebe auf dem Etikett tragen.

Der Silvaner ist kurz davor, den einst dominierenden Müller-Thurgau als meist angebaute Sorte zu verdrängen. Lange war die auch als Rivaner bekannte und mit gut 100 Jahren eher jugendliche Rebsorte die stärkste auf dem Markt. In den vergangenen zwei Jahrzehnten verlor der Müller-Thurgau aber - wie in ganz Deutschland - kontinuierlich an Bedeutung und Fläche.

Wahl der 62. Fränkischen Weinkönigin

Silena Werner, Botschafterin des Frankenweins und speziell des Silvaners. Die 20-Jährige aus Stammheim wurde zur fränkischen Weinkönigin gekürt.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Momentan wird die Sorte zwar noch immer auf 1600 von insgesamt 6200 Hektar Rebfläche in Franken angebaut, doch das sind 980 Hektar weniger als im Jahr 1998. Die Entwicklung wird sich wohl fortsetzen: Weil die Vegetationszeit früher beginnt und der Müller-Thurgau ein sogenannter Frühaustreiber ist, nehme die Gefahr von Frostschäden zu, sagt Daniel Heßdörfer von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim.

Der Silvaner, der auf knapp 1500 Hektar wächst, liegt im Anbau noch knapp dahinter, auf dem Weinmarkt aber hat er bereits den Spitzenplatz übernommen. "In der amtlichen Qualitätsweinprüfung ist der Silvaner schon die Nummer eins", sagt Hermann Schmitt, der Geschäftsführer des Fränkischen Weinbauverbands. Franken ist deutschlandweit das Anbaugebiet mit dem höchsten Silvaner-Anteil.

Auch das deutsche Weinbauinstitut würdigt die Bedeutung des Silvaners für Franken: Im Rebsortenspiegel rangiere er zwar noch auf Platz zwei, doch "je nach Terroir und Mikroklima kommt dem Silvaner in den einzelnen fränkischen Betrieben noch eine deutlich höhere Bedeutung zu". Denn auf den Muschelkalk- und Keuperböden "bringt die fränkische Vorzeigerebsorte ganz besondere Weine hervor".

Der Alkoholgehalt darf nicht zu hoch sein

Den Klimawandel können Winzer wie Ludwig Knoll vom Würzburger "Weingut am Stein", der den Betrieb in zweiter Generation führt, schon deutlich beobachten. Der Erntezeitpunkt habe sich in zwanzig Jahren um zwei bis drei Wochen nach vorne geschoben, sagt Knoll. Während fränkische Winzer einst die Sorge plagte, ob die Trauben reif werden, fragen sie sich heute, ob die Reben zu viel Sonne abbekommen.

"Früher waren wir froh über jedes Gramm Zucker in der Traube", sagt Knoll, "jetzt müssen wir aufpassen, dass der Alkoholgehalt nicht zu hoch wird." Und auch die Sorge, dass ein Jahrgang zu viel Säure haben würde, hat sich ins Gegenteil verkehrt. Denn wenn Säure fehlt, können Weine "plump, breit und fett" wirken, erklärt Daniel Heßdörfer. Dabei zeichne den Frankenwein doch aus, dass er "spritzig und fruchtig" schmeckt.

Mit Lösungsansätzen beschäftigt sich die Landesanstalt für Weinbau ausgiebig, von Kultivierungstechniken bis zum Keltern. Zwei Maßnahmen sind aus Sicht des Öko-Winzers Knoll entscheidend: früher ernten - und die Reben schrittweise aus den Steillagen holen. Das betreffe den Silvaner ebenso wie den Riesling, der in Franken flächenmäßig eine eher untergeordnet spielt (5,4 Prozent Rebsortenanteil), mit dem die fränkischen Winzer aber regelmäßig Auszeichnungen auf dem Qualitätssektor holen. Auch er ist ein Klimagewinnler.

"Riesling ist früher in fünf von zehn Jahren reif geworden", sagt Knoll. "Heute gehen wir aus den heißen Ecken eher in die Seitentäler, wo es kühler ist." So werde die Traube nicht zu früh reif, die Säure könne sich stabilisieren und das Aroma entfalten. Die Veränderung vollzieht sich langsam, da Rebstöcke nicht umgesetzt, sondern neu gepflanzt werden und ihre Lebensdauer mehrere Jahrzehnte beträgt.

Knoll kultiviert auch wärmeliebende Sorten: "Wir haben mittlerweile Merlot und Sauvignon blanc im Anbau, den man früher in Franken gar nicht gefunden hat", sagt er. Die mediterranen Reben spielen in Franken aber nur eine Nischenrolle: Der Rebsortenanteil von Merlot liegt bei gerade mal 0,16 Prozent. Insgesamt ist der Anteil von Rotweinsorten seit Mitte der Neunzigerjahre zwar von etwa fünf auf fast 20 Prozent gestiegen, doch der Rotwein-Trend ist nach Beobachtung der Winzern schon seit einigen Jahren wieder vorbei.

Während die Winzer insgesamt von steigenden Temperaturen profitieren, birgt der Klimawandel für einige Winzer Gefahren. Gerade im chronisch wasserarmen Unterfranken können trockene und heiße Sommer zur Katastrophe werden. Schon 2015 hatten einige Winzer um ihre Trauben gezittert, bevor sich die Lage drehte und es Mitte August ausreichend regnete. "Damit werden wir uns in Zukunft noch sehr stark beschäftigen", sagt Daniel Heßdörfer voraus, auch wenn er die fränkischen Winzer für insgesamt gut vorbereitet hält.

Die Mehrzahl habe Tropfbewässerungs-Schläuche, um bei Bedarf vor allem die jungen Rebstöcke zu versorgen. Bei der Frage, wie das Wasser zum Weinberg kommt, gebe es aber noch Handlungsbedarf, etwa den Bau von Wasserspeichern, die im Winter befüllt werden, um die Ernte auch in trockenen Sommern zu sichern. Vor allem die des Silvaners natürlich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: