Bayern steht nach dem Volksbegehren "Rettet die Bienen" vor der nächsten Großdebatte über Umweltschutz. An diesem Dienstag stimmt der Landtag über einen Gesetzentwurf der Landesregierung ab, der den Klimaschutz als Staatsziel in der Verfassung verankern soll. Für die Verfassungsänderung ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Dass das Gesetz von CSU und Freien Wählern diese Mehrheit erhalten wird, ist allerdings unwahrscheinlich. Grüne und SPD wollen gegen den Entwurf stimmen, das haben die beiden Fraktionsvorsitzenden Ludwig Hartmann (Grüne) und Horst Arnold (SPD) am Montag erklärt: "Uns ist bewusst, dass wir dringend handeln müssen", sagte Hartmann, kritisierte aber den Vorschlag der Staatsregierung als inhaltsleer.
Der Gesetzentwurf von CSU und Freien Wählern sieht vor, "das Schutzgut Klima" in Artikel 141 der Verfassung aufzunehmen. Hartmann sagte: "Nur das Wort in der Verfassung reicht nicht." Gemeinsam mit der SPD fordern die Grünen konkrete Maßnahmen zum Umweltschutz. Beide Fraktionen brachten vergangene Woche Dringlichkeitsanträge mit eigenen Vorschlägen zum Klimaschutz ins Parlament ein. Die Regierungsparteien hätten in Gesprächen jedoch "nichts, aber auch gar nichts" getan, um auf die Ideen einzugehen, sagte Arnold. Mit der geplanten Verfassungsänderung betreibe die Regierung "Alibi-Politik".

Artenvielfalt in Bayern:Wenn Bienenschützer und Bauern aufeinandertreffen
Am runden Tisch nach dem Volksbegehren "Rettet die Bienen" zeigen sich die Teilnehmer erstaunlich versöhnlich. Besonders der Bauernpräsident überrascht mit Kompromissbereitschaft.
Die schwarz-orange Koalition kritisiert die Haltung der Oppositionsparteien. Florian Streibl, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, forderte Grüne und SPD am Montag auf, "ihren politischen Schmollwinkel zu verlassen und am Dienstag mit uns für die Aufnahme des Klimaschutzes in die Bayerische Verfassung zu stimmen". CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer hatte der SPD bereits vergangene Woche "wenig wirkliche Verhandlungsbereitschaft" und "schlechten Stil" vorgeworfen, nachdem die Sozialdemokraten mit ihren eigenen Vorschlägen zum Klimaschutz an die Öffentlichkeit gegangen waren. Er erklärte außerdem, dass die Staatsregierung bereits an einem Klimaschutzgesetz arbeite.
Die Vorschläge der SPD zielen stark auf den Verkehr: Durch eine stärkere Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sollen mehr Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen und so Emissionen einsparen. Die SPD fordert in ihrem Antrag kostenlose ÖPNV-Tickets für Auszubildende, Schüler, Studenten, Senioren und Bedürftige. Die Grünen drängen dagegen auf ein Erneuerbares-Wärme-Gesetz, um die Nutzung von regenerativer Energie in Gebäuden zu verstärken.
In Verhandlungen mit CSU und Freien Wählern seien diese Vorschläge "in Bausch und Bogen abgelehnt" worden, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende am Montag. Sein grüner Amtskollege Hartmann betonte, es brauche eine "Verfassungsänderung plus", also die Aufnahme des Klimaschutzes in die Landesverfassung sowie konkrete Maßnahmen. Diese würden beim Entwurf der Regierung komplett fehlen. "Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als jetzt", sagte Hartmann. Bisher habe es jedoch keinerlei Annäherung an einen Kompromiss mit der Regierung gegeben.
Die CSU warf Grünen und SPD vor, gemeinsam mit der AfD gegen den Gesetzentwurf zu stimmen. Die AfD lehnt es als einzige Partei im Landtag grundsätzlich ab, Klimaschutz als Staatsziel festzuschreiben. Der umweltpolitische Sprecher der Landtags-FDP, Christoph Skutella, erklärte, es sei ein "Trauerspiel", dass ausgerechnet die Grünen der Verfassungsänderung nicht zustimmten: "Verfassungsnormen erheben nie den Anspruch, konkrete Schritte zum Erreichen eines Ziels vorzugeben."
Auch der Verein "Klimaschutz" lehnt den Regierungsentwurf ab
Auch außerhalb des Landtags formieren sich Unterstützer für mehr Umweltschutz. Der 2008 gegründete Würzburger Verein "Klimaschutz - Bayerns Zukunft" bereitet derzeit ein Volksbegehren vor. Demnach soll der Klimaschutz als Staatsziel in der Verfassung festgeschrieben werden, jedoch nur in Verbindung mit der Energiewende. Auch sie soll Eingang in die Verfassung finden. Aus diesem Grund lehnt Patrick Friedl, Sprecher des Vereins, den Entwurf der Regierung ab. Er beklagte das "Herauspicken nur des Wortes Klima aus unserem Klimaschutz- und Energiewende-Volksbegehren" und wertete es als "Missachtung unserer Volksinitiative".
Derzeit haben die Initiatoren des Volksbegehrens 15 000 Unterschriften gesammelt. Für die Zulassung des Plebiszits benötigen sie weitere 10 000. Aber das, so hat die "Rettet die Bienen"-Kampagne eindrücklich gezeigt, kann schnell gehen.