Süddeutsche Zeitung

Klimaschutz:Nicht jedes Geothermie-Projekt ist erfolgreich

  • Die tiefe Geothermie gilt im südlichen Oberbayern als unerschöpfliche Energiequelle. Sie ist unabhängig von Wind, Sonne und Wetter.
  • Doch nicht immer sind die kostspieligen Bohrungen in die Tiefe ein Erfolg.

Von Matthias Köpf

Südlich von Palling im Landkreis Traunstein liegt an dem Tag Schnee auf den Solarmodulen des Photovoltaik-Felds, nördlich des Orts stehen die beiden Windräder still in der Flaute. Im nahen Traunreut dagegen sind seit 2014 eine Wärmezentrale für viele Wohnhäuser und seit 2016 ein Kraftwerk unablässig in Betrieb, und jenseits der Landkreisgrenze zu Altötting gedeiht in Kirchweidach Gemüse in der Wärme aus der Erde.

Die tiefe Geothermie gilt im südlichen Oberbayern als unerschöpfliche Energiequelle - regional, regenerativ und anders als Photovoltaik und Windkraft als "grundlastfähig", also unabhängig von Wind und Wetter. Trotz zweier teurer Rückschläge in Geretsried und Weilheim hält der Trend in die Tiefe an.

So soll direkt an der Umgehungsstraße von Holzkirchen im Landkreis Miesbach bald mit dem Bau eines Kraftwerks und der Haupttrasse für die Fernwärme begonnen werden. Hier treibt die Marktgemeinde das Projekt voran, gemessen an der Investitionssumme von rund 20 Millionen Euro aus Steuergeld ist es das größte in ihrer Geschichte. Entsprechend groß war dort vor einem Jahr die Erleichterung, dass aus 5000 Metern Tiefe tatsächlich heißes Wasser sprudelte.

Denn als Fanal stand der ganzen Region das Scheitern des Geothermie-Projekts in Gelting bei Geretsried (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) vor Augen. Nachdem ein erster Versuch viel zu wenig heißes Wasser zu Tage gefördert hatte, brachte auch eine "Ablenkbohrung", die in der Tiefe vom ersten Bohrkanal abzweigte, nicht das gewünschte Ergebnis. Insgesamt hatten die beteiligten Unternehmen insgesamt an die 100 Millionen Euro in den Sand gesetzt.

Ein Teil des Risikos war versichert, doch dass die Versicherer nach dem ersten Fehlversuch zahlen mussten, hatte die Bedingungen für die ganze Branche nicht gerade verbessert und der weit verbreiteten Goldgräberstimmung ein vorläufiges Ende bereitet. Denn ein Selbstläufer ist so eine Geothermie-Bohrung keineswegs, wie sich gerade auch auf dem Gebiet der Gemeinde Wielenbach an der Stadtgrenze zu Weilheim gezeigt hat. Dort hat der italienische Enel-Konzern erst Ende Januar das Scheitern seines Bohrprojekts verkündet. Auch dort reichte die Wassermenge nicht für eine wirtschaftliche Nutzung aus.

Im Süden liegt die entscheidende Schicht tiefer

Bei Projekten, die so weit im Süden liegen wie diese, speist sich die Hoffnung vor allem aus der Stromproduktion, die über das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert wird. Denn im sogenannten oberbayerischen Molassebecken zieht sich die wasserführende Malmkarst-Schicht nach Süden zu den Alpen hin immer tiefer in den Untergrund. Die Bohrungen sind daher viel aufwendiger und riskanter, dafür ist bei einem Erfolg die nutzbare Wassertemperatur viel höher als weiter nördlich.

Im Großraum München, wo auch die Stadtwerke stark auf Geothermie setzen, dominiert deswegen die Fernwärmenutzung. Die Projekte in Unterhaching und Pullach im Landkreis München zählen schon seit vielen Jahren zu den Pionieren, und auch in Grünwald werden gerade mit einigem Aufwand weitere Fernwärme-Leitungen verlegt.

Das nördlichste Geothermie-Projekt im süddeutschen Molassebecken ist seit den Neunzigerjahren in der niederbayerischen Stadt Straubing in Betrieb. Neben Fernwärme-Netzen speist das Wasser aus 800 Metern Tiefe auch das dortige Hallen- und Freibad Aquatherm.

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SZ vom 13.03.2018/vewo
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