Klimakrise:Mehr Bäume, weniger Rehe

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Rehe äsen auf einer Wiese bei Gröbenzell in der Morgendämmerung. (Foto: LEONHARD SIMON)

Waldbesitzer und Naturschützer fordern eine schärfere Jagd

Von Christian Sebald, München

Wenn es um die Zukunft der Wälder geht, dann sind sich Waldbesitzer und Naturschützer einig. Aus ihrer Sicht werden die Wälder der Klimakrise nur trotzen, wenn scharf auf Rehe gejagt wird. Das haben die Spitzen des Bayerischen Waldbesitzerverbands (WBV) und des Bundes Naturschutz (BN) jetzt bekräftigt. "Die Gesellschaft erwartet, dass unsere Wälder fit für die Zukunft gemacht werden, damit sie ihre unersetzbaren Leistungen für den Trinkwasser-, den Klima- oder den Bodenschatz erfüllen können", heißt es in einem Appell des WBV-Chefs Josef Ziegler und des BN-Vorsitzenden Richard Mergner. Die Politik müsse mit einem modernen Jagdgesetz den Rahmen dafür schaffen, die Jäger müssten durch eine konsequente Jagd vor allem auf Rehe daran mitwirken, dass der Umbau von reinen Fichten- oder Kiefernwälder in Mischwälder mit vielen Tannen, Buchen und Eichen gelingt.

Hintergrund des Appells ist der Streit um das neue Bundesjagdgesetz. WBV und BN befürchten, dass damit die Bedingungen für eine scharfe Jagd erschwert werden. Dabei gibt es aus ihrer Sicht aktuell so viele Rehe wie lange nicht mehr. Das zeige sich daran, dass seit 2010 allein in Bayern mehr als 300 000 Rehe pro Jahr geschossen werden - ohne Hinweis darauf, dass die Population schrumpft. Das geht aber nur, wenn jedes Jahr mindestens so viele Nachkommen zur Welt kommen, wie Tiere erlegt werden. Aber auch die sogenannten Verbissgutachten zeigen laut Ziegler und Mergner, dass die Rehpopulation auf Rekordniveau ist. Die Gutachten geben darüber Aufschluss, wie stark die Rehe, das Hirschwild und in den Bergen die Gämsen die Triebe der jungen Fichten, Kiefern, Tannen, Buchen und Eichen abfressen. Vor allem die drei Letzteren leiden massiv unter dem Wild, sie sind Leckerbissen für die Tiere. Den Gutachten zufolge ist der Verbiss in fast der Hälfte der Hegegemeinschaften - den Einheiten, zu denen die 11 000 Jagdreviere im Freistaat zusammengefasst sind - so hoch, dass aus Sicht der Förster intensiver gejagt werden muss, wenn die Waldverjüngung gedeihen soll. So heißen die kleinen Bäume in der Fachsprache.

Ziegler und Mergner fordern, dass im neuen Jagdgesetz klare Ziele für die natürliche Waldverjüngung, Verbissgutachten für alle Jagdreviere und eine schärfere Jagd verankert werden. "Denn ohne dies werden wir Waldbesitzer es nicht schaffen, zukunftsfähige Mischwälder aufbauen", sagt Ziegler. "Der Waldumbau scheitert auf großer Fläche, weil es zu viele Rehe gibt." BN-Chef Mergner weist die Forderung vieler Jäger nach künstlichem Schutz für junge Bäume wie Zäune oder Plastikkappen auf ihren Trieben zurück. "Er hält nicht, was sich die Jäger davon versprechen, das hat die Vergangenheit gezeigt", sagt er. "Außerdem kann man die Kosten weder den Waldbesitzern noch den Steuerzahlern zumuten.

© SZ vom 18.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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